Einblicke in die Vorbehandlung

Auf Initiative von BESSER LACKIEREN testet die WWO weist + wienecke oberflächenveredelung GmbH aus Alfeld das neue "LinEx"-System von Henkel, welches einen direkten Einblick in die inneren Abläufe der Vorbehandlungskette ermöglicht.

Im Inneren der Kammer zeichnet die 360°-Kamera ein Bild von Vorder- und Rückseite des Raumes auf. Foto: Henkel
Im Inneren der Kammer zeichnet die 360°-Kamera ein Bild von Vorder- und Rückseite des Raumes auf. Foto: Henkel -

Sobald der Test lief, war fast die gesamte Belegschaft des Lohnbeschichters WWO weist + wienecke oberflächenveredelung GmbH aus Alfeld um den Bildschirm versammelt. „Das ist schon spannend, direkt Einblicke in den Vorbehandlungstunnel zu haben, während der Prozess läuft“, sagt Oliver Weist, Geschäftsführer des Unternehmens. Bei „LinEx“ handelt es sich um zwei Kamerasysteme, mit denen die Vorbehandlungskette im laufenden Betrieb überprüfbar ist. Eines der beiden Systeme nutzt eine Kamera mit einer Blickrichtung und einem Beleuchtungssystem, das zweite Kamerasystem besteht aus einer 360°-Kamera und vier Beleuchtungsquellen. Die Prüfsysteme sind in Plexi­glas bzw. PET- Einhausungen in­­stalliert und durchfahren in diesen die Vorbehandlungskammern.

Durch die Einhausung sind die empfindlichen Kameras vor Flüssigkeit und Temperatur geschützt und können die Vorgänge im Inneren der Vorbehandlungssprühkabinen dokumentieren. Der Aufwand bis zum Beginn der Messungen ist durchaus überschaubar. Nur etwa 30 min vorher hat das eigens für den Test angereiste Henkel-Team das Equipment aufgebaut. Viel mehr war nicht notwendig, um die Messungen in der Praxis möglich zu machen.

„LinEx“-System

Standard-Kamera-System

  • Größe: 400 x 500 x 280 mm (H x B x T, Rechteck)
  • Gewicht: 15 kg

360°-Kamera-System

  • Größe: 250 x 800 mm (D x H, Zylinder)
  • Gewicht: 10 kg

Beide Systeme

  • Aufnahme in HD
  • Messkästen flexibel platzierbar
  • Auslesen über Micro-SD-Karte oder USB bzw. Bluetooth

„Zuvor waren wir einmal vor Ort, um die Begebenheiten zu besichtigen und die Machbarkeit abzuklären“, erläutert Andreas Maslowski vom Be­reich Technical Service Field – Functional Coatings bei Henkel. „Nachdem das abgestimmt war, haben wir nur noch den eigentlichen Messtermin vereinbart, so dass dann die Kernproduktion etwas geringer eingeplant werden konnte. Während der Probemessungen lief die Beschichtung aber weiter – wir haben unsere Bildaufnahmen nur zwischengeschoben.“ Somit stören die ersten Messungen den Produktionsbetrieb nicht massiv. Bei den Messungen ist zunächst ab­zustimmen, auf welcher Höhe die Kamerasysteme am sinnvollsten angebracht werden. Mittels einfacher Haken werden die Kästen in der gewünschten Höhe installiert. „Meist fährt man zuerst einen Testlauf, um zu überprüfen, ob die Höhe passt – denn jede Anlage ist anders“, erklärt Maslowski. „Wenn man eine intensive Überprüfung der Spritzkabinen macht, dann durchlaufen die Messsysteme die Tunnel so oder so mehrfach, damit man alle relevanten Höhen abdeckt.“

Blickwinkel

Die Kamera mit Einzelblickrichtung kann dabei entweder auf die Seitenwände gerichtet sein, um die Düsen auf ordnungsgemäßen Einsatz zu überprüfen, oder nach vorne, um ein Bauteil während des Vorbehandlungsprozesses „im Auge“ zu behalten. Die 360°-Kamera bildet alle Richtungen sowie einen gewissen Höhenbereich ab. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass nur die genaue Linsenhöhe nicht verzerrt dargestellt wird. Zur Vorbehandlung setzt WWO eine etwa 6 m lange 2-Kammer-Anlage mit insgesamt vier Prozessschritten ein. In der ersten Kammer wird entfettet, dann phosphatiert und anschließend zwischengespült. In der zweiten Kammer erfolgt ein neuerlicher Spülgang und anschließend eine finale Spülung mit VE-Wasser. Im Schnitt liegen die Temperaturen im Vorbehandlungstunnel dabei bei etwa 55 °C. 

Andreas Maslowski von Henkel zeigt am Bildschirm, wie der Prozess direkt inline nachverfolgbar ist.

Andreas Maslowski von Henkel zeigt am Bildschirm, wie der Prozess direkt inline nachverfolgbar ist.

In diesen Tunnel fährt nun das „LinEx“-System ein. Nach Eintritt der Aufhängung mit Messsystem schließt die Tür der Vorbehandlung. Das Bild, das die Kameras nun aufnehmen ist außen am Laptop bzw. mit einem VR-System über das Mobiltelefon live mitverfolgbar. Bei letzterem ist zudem ein Scharfstellen des Bildes auf den jeweiligen Fokuspunkt über Schieber am VR-Kameragestell möglich.

Blick in die Vorbehandlung

Direkt im ersten Prozessschritt sieht man – fast nichts mehr. „Hier im Tunnel ist es wie in einer Waschmaschine“, führt Maslowski aus. „Aber wenn man weiß, auf was man achten muss, dann sieht man auch im ersten, noch nicht optimierten Durchgang einiges. Beispielsweise ist deutlich zu erkennen, dass das Zusammentreffen der beiden Sprühseiten genau in der Mitte der Kammer erfolgt – somit sind beide Sprühkränze gleich ausgelastet. Genau so soll es sein.“ Sprühstufen mit geringerem Flüssigkeitsdurchsatz erlauben dann ein genaueres Bild auf die Düsen. Hier kann live oder auch im Nachgang überprüft werden, ob alle Düsen richtig ausgerichtet sind und ob eventuell Verstopfungen vorliegen. Nach dem Durchlaufen der einzelnen Prozessschritte, werden die Messkästen am Ausgang der letzten Spülzone abgehängt. Im nächsten Durchlauf fixieren die Mitarbeiter von WWO in etwa einem Meter Abstand zur Kamera ein Testwerkstück. Im anschließenden Durchlauf wird unter anderem geprüft, ob eine optimale Entfettung vorliegt. Dies ist am Ablaufverhalten am Bauteil nachvollziehbar. „Wir prüfen das Abperlen an einer Stelle, die sonst nicht zugänglich ist“, sagt Maslowski. „Das bietet einerseits den Vorteil, dass wir sofort Ergebnisse haben, andererseits können wir uns falls nötig direkt danach auf Fehler­suche be­geben.

Lohnbeschichter Oliver Weist folgt seinem Vorbehandlungsprozess live mittels VR-Technik.

Lohnbeschichter Oliver Weist folgt seinem Vorbehandlungsprozess live mittels VR-Technik.

Im dritten Durchlauf reduzierte ein Mitarbeiter von WWO den Flüssigkeitsdurchsatz. Somit war es möglich genauer zu überprüfen, ob Schwankungen im Flüssigkeitsaustrag zu beobachten waren. „Live sieht man vielleicht nicht sofort alles. Wir können nach den Messungen die Aufnahmen sogar genauer analysieren – dann auch in alle Richtungen dank der 360°-Aufnahmen“, beschreibt Maslowski. Dafür benötigt man prinzipiell nur die Freeware „VLC-Player“. Bei intensiven Messungen werden dafür zudem alle relevanten Höhen durch Einzelmessungen abgefahren, der Flüssigdurchsatz angepasst und verschiedene Betriebszustände nachgestellt. „Ich finde es wirklich spannend, was man mit dem System in so kurzer Zeit alles sieht, insbesondere da man sonst keinen Zugang zu diesen Stellen hat“, so Weist. „Der Zeitaufwand lag hier bei gut zwei Stunden, das hat sich gelohnt. Wir haben dann im Nachgang noch die Aufnahmen intensiver geprüft. Damit konnten wir eine Düsenstellung weiter optimieren.“ Das Fazit des Lohnbeschichters: Das System bietet schnelle Einblicke in die Vorbehandlung an sonst unzugängliche Stellen. Optimierbar ist noch die Applikation: Es wäre sinnvoll, das Kamerasystem auf einer Schiene zu montieren, um in der Vorbehandlung die Düsenreihen komplett abzufahren. In der Kammer bietet sich aufgrund der Flüssigkeitsmenge ein teils chaotisches Bild – noch bessere Ergebnisse gibt es wahrscheinlich in Vorbehandlungstunneln. Das „LinEx“-System bietet Henkel derzeit als  Serviceleistung an.

Zum Netzwerken:
WWO | weist + wienecke oberflächenveredelung GmbH, Alfeld (Leine), Oliver Weist, Tel. +49 5181 80686-0, service@pulver-wwo.de, www.pulver-wwo.de

Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, Andreas Maslowski, Tel. +49 151 6801-1954, Andreas.maslowski@henkel.com, www.henkel.com

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