Antimikrobielle Oberflächen erzeugen

Wissenschaftlern des Innovent e.V. ist es jetzt gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem antibakterielle Oberflächen auf praktisch allen Kunststoffen unabhängig von deren Geometrie erzeugt werden können.

Nachweis der antibakteriellen Wirkung nach ISO 22196: Eine Bakterienkultur wurde 24 Stunden mit unbehandeltem (links) und behandeltem (rechts) ABS in Kontakt gebracht und dann auf einem Nährboden angezüchtet. Auf dem behandelten ABS wurden alle Keime abgetötet -

Die Verbreitung von pathogenen Mikroorganismen ist ein enormes Problem vor allem im Pflegebereich und in der Medizin, aber auch überall dort, wo viele Menschen auf engem Raum verkehren. Es verschärft sich gegenwärtig durch das vermehrte Aufkommen so genannter multiresistenter Keime, wie z.B. dem MRSA („Multi-resistenter Staphylococcus aureus“), die unempfindlich gegen gängige Antibiotika geworden sind. Wichtige Verbreitungswege sind Gegenstände, die von verschiedenen Personen berührt werden – etwa Türklinken, Griffe, Bedienfelder von Geräten, Schalter, Tabletts und Toilettendeckel. Erhebliche Probleme mit pathogenen Keimen gibt es auch bei medizinischen Hilfsmitteln, die längere Zeit mit dem menschlichen Körper in Kontakt bleiben, wie Kathetern, Drainagen oder Wundauflagen.

Einsatz des Schwermetalls Silber überdenken

Andere Bereiche, in denen die Bekämpfung von Mikroorganismen eine Rolle spielt, umfassen Keime, die unangenehme Gerüche entwickeln, etwa in Müllbehältern oder in der Kleidung. Oberflächen mit antibakterieller Wirkung könnten einen entscheidenden Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten. Die heute gängigen Verfahren zur Erzeugung solcher antibakterieller Eigenschaften verwenden überwiegend oberflächlich aufgebrachtes Silber oder in das Material eingearbeitete Biozide wie Triclosan. Bei Bioziden wie Triclosan wird aufgrund des Wirkmechanismus befürchtet, dass Bakterien dagegen resistent werden können – im Labor wurde diese Möglichkeit bereits nachgewiesen. Besonders bedenklich ist, dass die Keime in diesen Versuchen gleichzeitig eine Resistenz gegen andere Antibiotika entwickelt haben. Der breite Einsatz von Silber ist ebenfalls in Frage zu stellen, da die langfristige Wirkung dieses Schwermetalls auf Mensch und Umwelt kaum abzuschätzen ist.

Wirksamkeit gegen Keime nachgewiesen

Forscher des Innovent e.V. aus Jena haben jetzt eine Möglichkeit entwickelt, antibakteriell wirkende Oberflächen zu erzeugen. Sie verwenden hierfür das kostengünstige Verfahren der Fluorierung. „Angesichts der immer wieder auftretenden Fälle von resistenden Keimen in sensiblen Bereichen arbeiten wir seit einigen Jahren auf dem Gebiet der antimikrobiellen Oberflächen. Besonders die Suche nach alternativen Systemen zum Silber ist das Ziel der Forschung in unserem Institut“, so Dr. Arnd Schimanski, geschäftsführender Direktor von Innovent. Die Technologie wird bislang z.B. angewendet, um die Benetzbarkeit von Kunstoffen mit Flüssigkeiten sowie die Festigkeit von Verklebungen und Bedruckungen auf Kunststoffen zu verbessern. Die neue Methode kann bei praktisch allen Kunststoffen eingesetzt werden, um stark antibakterielle Oberflächen zu erzeugen. Durch Tests nach ISO Norm 22196 konnte die Wirksamkeit gegen eine Vielzahl von Keimen, darunter auch dem Staphylococcus aureus, nachgewiesen werden. Keiner der getesteten Keime zeigte sich gegen die so behandelten Oberflächen unempfindlich; auch dass sich dagegen resistente Keime entwickeln können, erscheint mit Blick auf den Wirkmechanismus äußerst unwahrscheinlich.

Innovent Verein zur Förderung von Innovationen durch Forschung, Entwicklung und Technologietransfer e.V., Jena, Dr. Arnd Schimanski, Tel. +49 3641 282510, innovent@innovent-jena.de, www.innovent-jena.de

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