Mit der Infrarotspektroskopie dem Haftungsverlust auf der Spur
Die Infrarotspektroskopie ist ein wertvolles analytisches Werkzeug, um Vorbehandlungs- und Aktivierungsprozesse zu überprüfen. Die Spektren basieren auf der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit den zu identifizierenden Stoffen bzw. Stoffgemischen. Im mittleren Infrarotbereich (ca. 4000 – 400 cm-1) werden diese zu unterschiedlichen mechanischen Schwingungen angeregt, z.B. Streck- und Biegeschwingungen. Aus der Kombination dieser Schwingungen entsteht ein für den jeweiligen Stoff bzw. das Stoffgemisch charakteristisches Infrarotspektrum, das einen molekularen Fingerabdruck darstellt. Den Infrarotspektren können direkt qualitative und teilweise quantitative Informationen zur chemischen Zusammensetzung, zu funktionellen Gruppen und zu stoffspezifischen Strukturmerkmalen organischer und auch vieler anorganischer Stoffe bzw. Stoffgemische entnommen werden. Der Vorteil der Infrarotspektroskopie gegenüber vielen anderen Analyseverfahren ist, dass Proben jeglicher Konsistenz und unabhängig vom Aggregatzustand (Festkörper, Flüssigkeiten, Gase) schon in geringer Menge analysiert werden können. Die Spektren sind vergleichsweise einfach und schnell aufzunehmen und für die Auswertung stehen umfangreiche Datenbanken mit Referenzspektren zur Verfügung.
Molekularer Fingerabdruck
In der Reihe der Analysenverfahren, mit denen Oberflächen physikalisch-chemisch charakterisiert werden können, wird die Infrarotspektroskopie vor allem eingesetzt, um die zu beschichtenden Kunststoff- und Metalloberflächen auf störende Stoffe zu untersuchen. Im Fall von Stoffgemischen können oft unterschiedliche Stoffklassen identifiziert und differenziert werden. Bei Kunststoffoberflächen geht es vor allem um Additive aus dem Kunststoff, die an die Oberfläche migrieren können oder um Abbauprodukte des Kunststoffs, die infolge des Energieeintrags bei der Aktivierung in den obersten Moleküllagen der Polymermatrix entstehen. Typische Beispiele für Anwendungen der Infrarotspektroskopie sind:
- Identifizierung von Antioxidantien, Gleithilfsmitteln sowie Antistatika in olefinischen Kunststoffen
- Prüfung von Kunststoffoberflächen auf Aktivierungseffekte
- Nachweis möglicher Abbauprodukte des Kunststoffs bei einer Korona-Behandlung
- Untersuchungen zur Stabilität / Wirksamkeit von Vorbehandlungen / Aktivierungen
- Prüfung von Metall- und Kunststoffoberflächen auf Rückstände, z.B. Reste von Verarbeitungshilfsmitteln wie Zieh-, Walz- und Korrosionsschutzfette hinsichtlich einer Verbesserung von Reinigungsprozessen
Im Rahmen der Forschungsaktivitäten am Fraunhofer IPA wurde mit Infrarotspektroskopie untersucht, wie sich die Intensität bzw. Alterung der Korona-Behandlung bei olefinischen Kunststoffen auf die Haftung von UV-gehärteten Drucken auswirkt.
Polymerabbau verhindert Haftfestigkeit
Qualitative und quantitative Untersuchungen hinsichtlich weak boundary layers zeigten, dass nach der Korona-Behandlung lösliche Polymerabbauprodukte vorlagen. Bei den PE-Folien war die Menge geringer, als bei PP-Folien. Auf der PP-Folie hafteten die meisten UV-gehärteten Drucke sehr schlecht. Anhand von IR-Oberflächenanalysen konnte die Ursache ermittelt werden. Neben der Art und dem Anteil der gebildeten polaren Gruppen war das Ausmaß des Polymerabbaus ein für die Haftung entscheidendes Kriterium. Bei der Korona-Behandlung von PP bildete sich eine mit dem Kunststoffsubstrat nicht chemisch verbundene Schicht aus löslichen Abbauprodukten des Polymers, so genanntes „low molecular weight oxidised material“ (LMWOM). Die LMWOM-Schicht wirkte wie eine Trennschicht (weak boundary layer) die sich zusammen mit dem UV-Druck dem ablöste.
IR-Spektrum 1: Korona-behandelte PP-Folie mit Banden der LMWOM-Schicht.
IR-Spektrum 2: Von der PP-Oberfläche abgelöste LMWOM-Schicht, die wie eine Trennschicht wirkt und dadurch die Haftung verhindert. Quelle (Foto, zwei Grafiken): Fraunhofer IPA
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de, Dr. Betina Joos-Müller, Tel. +49 711 970-3832, betina.joos-mueller@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de
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