Stratifizierende Beschichtungen

Seit einigen Jahren befasst sich das Fraunhofer IPA zusammen mit dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V. mit Stratifizierungseffekten in Pulverlack-Mischungen, da die kosteneffiziente, umweltfreundliche und nachhaltige Pulverlackierung weiter an Bedeutung gewinnen wird. Dazu muss es jedoch gelingen, die derzeitigen technischen Limitierungen zu überwinden.

Raman-mikroskopische Ergebnisse für eine Epoxid-/Polyester 3:1 Dry-Blend Pulverlackmischung jeweils von der Oberfläche (oben) bis zur Nähe des Substrats (unten); rote Flächen kennzeichnen eine Anreicherung
Raman-mikroskopische Ergebnisse für eine Epoxid-/Polyester 3:1 Dry-Blend Lackmischung. Grafik: IPA -

Innerhalb eines öffentlich geförderten Projekts untersuchten die Forscher in einem ersten Schritt das Stratifizierungsverhalten unterschiedlicher Polyester- und Epoxid-Pulverlacksysteme als Dry-Blend Mischungen. So soll letztlich das Ziel erreicht werden, Multischichtaufträge mit funktionalen Einzelschichtdicken von bis zu 40 µm, wie sie für hochwertige Anwendungen und hoch witterungsbeständige Beschichtungen gefordert werden, zu realisieren. Durch Stratifizierung könnte bei einmaliger Sprühapplikation ein quasi-zweischichtiger Beschichtungsaufbau aus einer gut haftenden pigment-/füllstoffreicheren, substratnahen und einer oberflächennahen, möglichst pigmentfreien wetterstabilen Deckschicht hergestellt werden. 

Pulver-Multischicht

Eine grundsätzliche Pro­blemstellung der Pulverlacktechnologie stellt die erhöhte Schichtdichte einer einzelnen applizierten Pulverlackschicht dar. Dies verhindert derzeit die praktische Realisierung von Multischichtaufträgen mit funktionalen Einzelschichtdicken von bis zu maximal 40 µm, wie sie für hochwertige Anwendungen und für hoch witterungsbeständige Beschichtungen oftmals gefordert werden.

Raman-mikroskopische Ergebnisse für eine Epoxid-/Polyester (EPOX/PES) 1:3 von der Oberfläche (oben) bis zur Nähe des Substrats (unten); rote Flächen kennzeichnen eine Anreicherung, blaue Flächen eine Verarmung an der jeweils betrachteten Komponente. Links sind die auf die Epoxid-Komponente, rechts die auf die Polyester-Komponente bezogenen Anteile aufgeführt. Grafiken: Fraunhofer IPA

Raman-mikroskopische Ergebnisse für eine Epoxid-/Polyester (EPOX/PES) 1:3 von der Oberfläche (oben) bis zur Nähe des Substrats (unten); rote Flächen kennzeichnen eine Anreicherung, blaue Flächen eine Verarmung an der jeweils betrachteten Komponente. Links sind die auf die Epoxid-Komponente, rechts die auf die Polyester-Komponente bezogenen Anteile aufgeführt. Grafiken: Fraunhofer IPA

Diese Herausforderungen ließen sich bewältigen, wenn nur ein einziger Auftrag in einer für Pulverlacke üblichen Gesamtschichtdicke von etwa 60 bis 100 µm erfolgen könnte. Dazu müsste sich beim Aufschmelzen dieser Schicht durch Stratifizierungseffekte eine gut haftende, pigment-/füllstoff­reichere substratnahe und eine oberflächennahe, möglichst pigmentfreie und hochwetterstabile Deckschicht ausbilden. Resultierend aus den Erfahrungen in der Praxis und dem Eigenschaftsprofil der verschiedenen Pulverlackbindemittel erscheint insbesondere ein stratifizierendes, duromeres Epoxid-Polyester-Mischpulverlack System sinnvoll, bei dem sich eine möglichst substratnahe pigmentierte Epoxid- und eine oberflächennahe Polyester-Klarlackschicht ausbildet. Um die äußere Polyesterschicht möglichst witterungsstabil zu gestalten, soll in diesem Ansatz die Polyesterschicht vorrangig über aliphatische oder cyclo-aliphatische Isocyanat-funktionelle Härterkomponenten vernetzen, so dass sich letztlich an der Oberfläche eine Polyurethanschicht ausbilden kann. Im aktuellen Forschungsprojekt wurden zunächst unterschiedliche, kommerziell verfügbare Polyester- und Epoxid-Pulverlacksysteme als Dry-Blend Mischungen bezüglich ihres Stratifizierungsverhaltens untersucht. Es konnte dabei überraschenderweise festgestellt werden, dass die als Dry-Blend gemischten Pulverlacke nicht unbedingt, wie allgemein vermutet, unverträglich sein müssen, sondern dass es unter bestimmten Umständen auch bei gut verträglichen Pulverlack-Mischungen zu Stratifizierungseffekten kommen kann. Im Gegenteil wiesen unverträgliche Mischungen sehr oft Lack- und Verlaufsstörungen auf.

Warum das wichtig wird
Mittels Pulverbeschichtung sind derzeit keine effizienten Multischichtaufbauten mit Einzelschichtdicken von max. 40 μm zugänglich. Durch aktuelle Forschungen können dieser „blinde Fleck“ entfernt und das Anwendungsspektrum der Pulverlackierung deutlich ausgeweitet werden.

Besonders wichtig für alle stratifizierenden Dry-Blend-Mischungen waren die Qualität der Mischung und insbesondere eine für beide Komponenten möglichst einheitlich engverteilte, sowie eine nicht zu grobteilige Korngrößenverteilung. Wird dieser Aspekt beachtet, so bilden sich teilweise, vom Mischungsverhältnis, von den Oberflächenspannungen, den Glasübergangstemperaturen der Komponenten und dem Viskositätsverhalten abhängige, stratifizierende Pulverlackmischungen aus. In Grafik 1 ist beispielhaft eine Raman-mikroskopische Aufnahme einer stratifizierenden Epoxid/Polyester 3:1 Dry-Blend-Mischung gezeigt, bei der sich vorteilshaft die wetterstabilere Polyester-Komponente an der Oberfläche und die für eine gute Substrathaftung günstige Epoxid-Komponente in Substratnähe anreichern. Werden die Mischungsverhältnisse bei ansonsten gleichen Bedingungen umgekehrt, so lassen sich, wie Grafik 2 zeigt, keine wesentlichen Stratifizierungseffekte messen. Es werden im Gegenteil außergewöhnlich homogen aufgebaute Pulverlackschichten erhalten.

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Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt,Tel. + 49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de,
Dr. Marc Entenmann,Tel. + 49 711 970-3854, marc.entenmann@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
Dr. Michaela Gedan-Smolka, Leibniz-Institut für Polymer­forschung Dresden e.V., Tel. +49 351 4658-448, mgedan@ipfdd.de, www.ipfdd.de

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