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Schwachstellen der Pulverlackierung bei starker Korrosionsbeanspruchung kennen

Gerichtsstreitigkeiten und auch spezielle Reklamationen zu Beschichtungsqualitäten sind dem Umstand geschuldet, dass bei starken und sehr starken Korrosionsbeanspruchungen schon frühzeitig Korrosionsschäden auftreten. Resultierend aus der Analyse möglicher Schwachstellen, müssen Pulverbeschichter Maßnahmen ergreifen, um diese Probleme frühzeitig zu vermeiden.

An diesem Werkstück zeigen sich die Korrosionsprobleme im Laser-Kantenbereich nach 120 h neutralem Salzsprühnebeltest. Quelle: Dr. Herrmann -

Bei der Analyse der Ursachen dieser Schäden ergeben sich immer wieder Hinweise auf Unzulänglichkeiten der Substrate, die bei der Pulverlackierung nicht berücksichtigt werden. Ebenso ist festzustellen, dass bestimmten Pulverlackeigenschaften wenig Bedeutung beigemessen wird, denen mögliche Ursachen von Oberflächenstörungen im Lackfilm zuordenbar sind.

Schweißbereiche: Ein Versagen des Korrosionsschutzes in Kombination mit der Pulverbeschichtung ergibt sich häufig in Schweißbereichen. Hier kann es verstärkt zu Unterrostungen kommen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sich in diesen Materialbereichen des Substrats infolge sehr unterschiedlicher Zusammensetzung bestimmter Legierungsbestandteile und Sauerstoffverteilungen, die in der Vorbehandlung aufgebrachte Konversionschemie teilweise nur eingeschränkt an die Metalloberfläche anlagern kann. Häufig behindern Zunderbereiche, die aufgrund  hoher Schweißtemperaturen partiell entstehen, eine ausreichende Lackfilmhaftfestigkeit.  Infolge von Ausgasungserscheinungen, welche bei der thermochemischen Pulververnetzung entstehen, können sich Lackfilmstörungen wie Blasen, Poren und Aufrisse ergeben. Eine spezielle Beizbehandlung sowie das fachgerechte mechanische Verputzen der Schweißbereiche sind Maßnahmen, mit denen Beschichter die Schwachstellen wirksam entgegnen können. In der Praxis setzten Metallbaubetriebe diese häufig nur halbherzig um.

TIPPS FÜR DIE PRAXIS

Resultierend aus der Analyse möglicher Schwachstellen bei der Pulverlackierung sollten Beschichter u.a. folgende Maßnahmen berücksichtigen, um Beschichtungsprobleme frühzeitig auszuschließen:

  • eine geeignete Wareneingangskontrolle
  • die richtige Auswahl der Beschichtungssysteme
  • die Einordnung bzw. Abstimmung notwendiger Vorbereitungsarbeiten
  • die Korrosionsbeanspruchung der beschichteten Werkstücke kennen, da dies eine wichtige Voraussetzung für die Vermeidung von Schadensfällen und Reklamationen; eine entsprechende Aufklärungsarbeit gegenüber dem Kunden bzw. späteren Nutzer ist hierbei von großer Bedeutung

Ungenügend entgratete Metallkanten:

Diese stellen ein Problem dar, da sich dort bei der thermochemischen Pulververnetzung der Lackfilm physikalisch bedingt zusammenzieht. Hier werden bei der Schadensfallanalyse immer wieder Beispiele in der metallographischen Querschliffanalyse gefunden, wo an der scharfen Kante bzw. bei Vorhandensein eines stark ausgebildeten Grats Pulverschichtdicken von weniger als 5 bis 15 µm messbar sind. Diesen Schwachstellen kann mit geeigneter Pulverlackformulierung hinsichtlich Reaktivität und Viskosität, angepasster Pulverapplikation und optimierten Einbrennbedingungen entgegengewirkt werden. Wesentlich sicherer wären jedoch spezielle mechanische Verfahren des Metallbaubetriebs, wie Bürsten oder Schleifen, wo scharfe Kanten gebrochen werden und der Lackfilm sich dann wesentlich dicker in diesen kritischen Bereichen ausbilden kann. Spezielle Laserkanten an Stahlwerkstoffen stellen ein weiteres Feld dar, das Pulverbeschichtern Schwierigkeiten bereiten kann. Beim Schneiden unter Luftsauerstoff – also nicht mit Inertgas wie z.B. Stickstoff – bildet sich eine harte, spröde dunkelblaue Verglasungsschicht aus. Es besteht der Verdacht, dass dadurch bei der elektrostatischen Pulverapplikation das Pulver bedingt durch eingeschränkte influenzierende Ladungsvorgänge schlechter auf diesen Kanten aufgetragen wird und schlechter haftet. So treten bevorzugt an diesen nicht bearbeiteten Laserkanten immer wieder frühzeitig Korrosionsschäden auf. Folglich müssen die dunkelblauen Verglasungsschichten vor der Pulverbeschichtung wirksam entfernt werden. Dies kann durch mechanisches Strahlen, Schleifen und Bürsten aber auch durch spezielles Beizen erfolgen. Beim Beizen ist zu berücksichtigen, dass ein üblicher flächig angreifender Beizprozess häufig die auf den Kanten befindlichen Laserrückstände nicht vollständig zu entfernen vermag. Hier sind modifizierte Beizverfahren bzw. geeignete Beizchemie anzuwenden.

Nicht geeignete Beschichtungssysteme

sind ein weiterer Grund für  Korrosionsschäden. Für starke bis sehr starke Korrosionsbeanspruchungen sind nach wie vor geeignete Duplex-Systeme auf Basis von Feuerzink und Pulverbeschichtung zu empfehlen. Durch die Kathodenschutzwirkung des Zinks in Verbindung mit der schützenden Überbeschichtung mit Pulverlack können bei geeigneter nasschemischer Oberflächenvorbehandlung hohe Korrosionsbeständigkeiten erzielt werden. Bei der mechanischen Oberflächenvorbereitung mittels Sweepen (leichtes Strahlen) und nachfolgender Pulverbeschichtung lassen sich ähnlich gute Korrosionsschutzresultate erzielen. Da aber eine haftverbindende und vor Korrosion hemmende Konversionschemie fehlt, sind zweifache Pulverbeschichtungen mit geeigneten Epoxid-Pulvergrundierungen und witterungsbeständigen Polyester-Decksystemen vorteilhafter.

FAZIT

Häufig werden durch den Endkunden, besonders im Baubereich sowie bei Präzisionsgeräten und Automotiv-Anbauteilen, Lackfilmstörungen – ausgebildet als kleine Nadelstiche, Krater und Verdickungen –  beanstandet. Mehr als 50% dieser größtenteils mit dem unbewaffneten Auge wahrnehmbaren Störstellen basieren auf eine nicht ordnungsgemäß vorgenommenen Entfettung bzw. ungenügenden Spülprozessen. Hier erweisen sich häufig viele Gussteile aus Zink, Magnesium und Aluminium als besonders kritisch. Immer wieder sind auch Materialunebenheiten aus vorgelagerten metallischen Bearbeitungsprozessen für diese Lackfilmstörungen verantwortlich. Nasslackbeschichtungen, wie z.B. KTL- oder ATL-Grundierungen, können raue Substratunebenheiten teilweise ausgleichen. Bedingt durch die elektrostatische Applikation besteht diese Möglichkeit bei der Pulverbeschichtung nicht, sondern im Gegenteil forcieren diese Lackfilme sogar die Materialunebenheiten, sodass sie für das menschliche Auge erst recht auffällig werden. Es ist daher besonders wichtig, dass der Pulverbeschichter vor der Lackierung seine Beschichtungssubstrate genau auf solche möglichen Störstellen überprüft und diese in Abstimmung mit dem Kunden (Auftraggeber) beseitigt. Die Mehrkosten sollte immer der Verursacher übernehmen.

Dr. Herrmann GmbH & Co. Zentrum für Korrosionsschutz und Pulverbeschichtung KG, Dresden, Dr. Thomas Herrmann, Tel. +49 351 4961-103, dr.herrmann@pulverlack-gutachter.de, www.pulverlack-gutachter.de

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