Feuerverzinkte Substrate: Was Pulverbeschichter beachten müssen
Die Duplexbeschichtung ist ein wirtschaftliches und umweltverträgliches Verfahren, um Stahloberflächen hochwirksam vor atmosphärischer Korrosion zu schützen und ihnen gleichzeitig ein beliebiges farbliches Aussehen zu verleihen. Verfahrensvorteile, wie Lösemittelfreiheit und einfache Applikationsfähigkeit führten in den letzten Jahren zu einer weiten industriellen Verbreitung der Duplexbeschichtung mit Pulverlacken; seit 2009 ist diese spezielle Beschichtungsart in der DIN 55633 geregelt. Trotz der sehr positiven Eigenschaften des Beschichtungssystems, treten immer wieder Lackfilmstörungen auf, die sowohl kostenintensive Vorbeugungsmaßnahmen, als auch Nacharbeitsaufwände veranlassen. Allgemein sind diese Lackfehler auf Ausgasungen aus den Zinküberzügen in der Lackeinbrennphase zurückzuführen und werden, wegen ihrer Phänomenologie, als “Pusteln” bezeichnet. In einem vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg geförderten Verbundprojekt arbeiteten Feuerverzinker und Beschichtungsunternehmen zusammen mit dem Forschungsinstitut Edelmetalle & Metallchemie, Schwäbisch Gmünd, an einer Optimierung ihrer Fertigungsprozesse.
Beizbehandlung
Es wurde untersucht, welche charakteristischen Eigenschaften der Zinküberzüge die Ausgasungserscheinungen auslösen, und welche physikalischen und chemischen Prozesse sie fördern. Hieraus wurden qualitätsverbessernde Maßnahmen abgeleitet: Weil Zinküberzüge erst nach ihrer Entstehung die ausgasenden Reagenzien aus der Luft aufnehmen, sind möglichst kurze Verweilzeiten der Stahlteile bis zu ihrer Pulverbeschichtung sowie trockene Umgebungsbedingungen anzustreben. Werden feuerverzinkte Teile längere Zeit gelagert, bildet sie eine basische Zinkcarbonatschicht, die thermisch instabil ist und beim Einbrennen ausgast. Eine Beizbehandlung der Teile in einem Gemisch aus Phosphor-, Schwefel- und Fluorwasserstoffsäure entfernt diese Schicht; die feuerverzinkten Oberflächen zeigen wieder ihr metallisch blankes Aussehen und neigen nicht mehr zu Ausgasungen.
IR-Tempern
Eine weitere Maßnahme zur Steigerung der Beschichtungsqualität ist das Tempern vor der Pulverbeschichtung. Zwei Technologien des Temperns – im Umluftofen und mit kurzwelliger Infrarotstrahlung (IR) – wurden in dem
Die Oberflächen zeigen den Einfluss des IR-Temperns auf das Ausgasungsverhalten. Das feuerverzinkte Blech getempert (li.) und ungetempert. Quelle (drei Bilder): FEM
Verbundprojekt erprobt. Umluftöfen übertragen die Wärme durch Konvektion auf die Bauteile – IR-Systeme dagegen durch elektromagnetische Strahlung, die sich erst beim Auftreffen auf das Material in Wärme umwandelt. IR-Strahlung besitzt außerdem eine vielfach höhere Wärmeübertragungskapazität als Konvektion. Somit ist es möglich, die notwendigen Reaktionstemperaturen, selbst in gut Wärme leitenden metallischen Bauteilen, auf die Randzone zu beschränken, ohne das Bauteil komplett durchwärmen zu müssen. Die Energie wird also nur in die Bereiche eingebracht, wo sie benötigt wird. Somit werden durch die IR-Strahlung Temperaturen erzielt, die deutlich über den typischen Einbrennbedingungen liegen und trotzdem wirtschaftlich darstellbar sind. Die IR-Behandlung der feuerverzinkten Proben ergab eine ausgasungsfreie Lackoberfläche. Das IR-Tempern erweist sich somit als energieeffizientes und kostengünstiges Verfahren zur Vorbereitung schwieriger Untergründe vor dem Pulverbeschichten.
Ausgasungsfreundliche Lacke
Auch wenn das Tempern in der Praxis sehr erfolgreich angewendet werden kann, stößt es spätestens bei dicken, durchgewachsenen Zinküberzügen an seine Leistungsgrenzen. Als ergänzende oder alternative Maßnahme wurde daher im Projekt der Nutzen sogenannter ausgasungsfreundlicher Lacke untersucht. Sie sind lacktechnisch dahingehend optimiert, dass sie bei thermischer Einwirkung das Gas noch möglichst lange entweichen lassen – man spricht sinnbildlich von der offenen Lackzeit. Quantitative Aussagen zur Leistungsfähigkeit ausgasungsfreundlicher Lacke sind problematisch, weil die Beschichtungsergebnisse stark vom jeweiligen Zinküberzug abhängen, dessen Ausgasungsverhalten zudem kaum reproduzierbar ist. Außerdem existiert (noch) kein allgemein akzeptiertes Verfahren zur Fehlerbildbeurteilung, das sowohl die Fehlergrößen, als auch ihre Häufigkeit berücksichtigen müsste. Zahlreiche systematische Untersuchungen zeigen jedoch, dass selbst auf stärker ausgasenden Zinküberzügen eine fehlerfreie Pulverbeschichtung möglich ist, wenn sowohl ein Tempern der Teile durchgeführt als auch ausgasungsfreundlicher Lack verwendet werden. Dabei trägt jede der beiden Maßnahmen in etwa hälftig zum Beschichtungserfolg bei.
Zweischichtlackierungen
Die Fehlerentstehung in einer Einschichtlackierung, in der Blasen, Nadelstiche und Krater auftreten können, unterscheidet sich von der Entstehung sogenannter Pusteln in einer Zweischichtlackierung. Zielpräparationen am metallographischen Querschliff zeigen, dass Pusteln das Ergebnis von Ausgasungen im Grundierungslack sind. Daher muss der Fehlerfreiheit der Grundierung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Durch Anwendung oben genannter Maßnahmen kann dem Problem ausgasungsbedingter Fehler in der Grundierung sehr gut begegnet werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, fehlerfreie Decklackierungen zu applizieren, und dabei aus dem kompletten Dekorspektrum verfügbarer Standard-Polyesterlacksysteme auszuwählen.
fem Forschungsinstitut Edelmetalle & Metallchemie, Schwäbisch Gmünd, Dr.-Ing. Jost Friedrich, Tel. +49 7171 1006-500, friedrich@fem-online.de, www.fem-online.de
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