Einbrennverlust bei Pulverlacken?

Bei der Pulverlackierung wird die Umluft im Einbrennofen meist nicht berücksichtigt. Hier gibt es jedoch einen Effekt, der häufig unbeachtet bleibt.

Das IR-Spektrum der rötlichen Substanz und der Datenbankabgleich zeigen -

In der Wahrnehmung, dass Pulverlacke keine Lösemittel enthalten, werden diese häu­fig mit einem nichtflüchtigen Anteil (bzw. Festkörper) von 100% beschrieben. In der Praxis trifft man immer wieder auf Anlagen, die so konzipiert sind, dass die Einbrennöfen mit fast 100% Umluft betrieben werden. Dies sorgt für hohe Energieeinsparungen. Jedoch funktioniert dieses nur, wenn beim Einbrennen der Beschichtung keine Stoffe freigesetzt werden, da sich diese im Ofen anreichern. Beim Einbrennen bzw. Aushärten der Pulverlacke werden allerdings fast immer Substanzen freigesetzt. Mitarbeiter von Pulverbeschichtern beschreiben häufig, dass bestimmte Pulverlacke zur „Schwadenbildung“ beim Öffnen des Einbrennofens neigen. Das, was als „Schwadenbildung“ beim Öffnen des Einbrennofens beschrieben wird, ist nichts anderes als das Kondensieren von Substanzen, die bei den Einbrennbedingungen von 160-220 °C gasförmig sind. Treffen diese auf die kühlere Umgebungsluft, werden sie wieder fest oder flüssig.

Die rötliche Substanz hatte sich an einer kühleren Ecke eines Einbrenn­ofens abgelagert.

Die rötliche Substanz hatte sich an einer kühleren Ecke eines Einbrenn­ofens abgelagert.

1 t Pulverlacke setzt 10 kg flüchtige Bestandteile frei

Die Mengen an flüchtigen Bestandteilen, die freigesetzt werden, sind bei Pulverlacken ohne Zweifel gering und bewegen sich oft im Bereich von 1-2 Gew.%. Wenn man allerdings beachtet, dass es viele Lackieranlagen gibt, in denen täglich 1 t Pulverlack und mehr verarbeitet wird, so bedeuten 1% flüchtiger Anteil, dass über 10 kg an flüchtigen Bestandteilen pro Tag freigesetzt werden. Diese flüchtigen Bestandteile müssen über die Abluft ausgetragen oder anderweitig aus der Umluft entfernt werden, ansonsten schlagen sie sich in kühleren Bereichen des Einbrennofens nieder.

Verlaufsadditive verdunsten

In dem vorliegenden Fall wurde an einer kühleren Stelle der Umluftführung eines Einbrennofens eine große Menge einer rötlichen Substanz beobachtet und davon eine Probe genommen. Per IR-Spektroskopie konnte diese Substanz zweifelsfrei als langkettiges Polydimethylsiloxan (entspricht einem Silikonöl) identifiziert werden, das üblicherweise als Verlaufsadditiv bei Pulverlacken eingesetzt wird. Bei den Einbrenntemperaturen von 180 °C verdunsten gewisse Mengen des Verlaufsadditives. Da die Ofenluft im Kreislauf geführt wurde, konnten diese Stoffe nicht aus der Anlage herausgetragen werden und reicherten sich an. Die Stelle, an der größere Mengen des Verlaufsadditivs gefunden wurden, war etwas kühler als die Umluft.

IR-SPEKTROSKOPIE
Molekülschwingungen bei organischen Molekülen werden durch Absorption von Strahlung im infraroten, nicht sichtbaren Bereich des Lichts angeregt. Die Infrarotstrahlung (IR-Strahlung) wird auch als Wärmestrahlung bezeichnet, da sie von der Haut als Wärme empfunden wird. Abhängig vom Aufbau und der Struktur der Moleküle, werden ganz bestimmte Anteile der IR-Strahlung absorbiert. Aufgezeichnet wird die Abhängigkeit der Größe der Absorption des eingestrahlten Lichts von der Wellenlänge des Lichtes. Man erhält dabei ein sogenanntes IR-Spektrum (Transmission wird gegen die Wellenzahl aufgetragen). Jedes Molekül bzw. jede Molekülgruppe hat dabei ein für sie charakteristisches IR-Spektrum, das einem „Fingerabdruck“ nahe kommt.

Sorgsam reinigen

Bei Wartungsarbeiten ist daher dafür zu sorgen, dass diese Stellen sorgsam gereinigt werden, damit die Verlaufsadditive, bei denen es sich meist um Wachse oder Silikonöle handelt, nicht in die übrige Lackieranlage getragen werden. Diese Stoffe können, falls die Werkstücke damit verunreinigt werden, auch Benetzungsstörungen verursachen. Unternehmen, so Dr. Jens Pudewills, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für „Beschichtungstechnologien und Schadensanalyse“ und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung e.V. (DFO), würden Pulverlacke häufig einsetzen, um die Verwendung von flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) zu reduzieren. Da Pulverlacke ohne Lösemittel verarbeitet werden, ist die Aufbereitung der Prozessluft einfacher und günstiger als bei Flüssiglacken. Der nichtflüchtige Anteil von Pulverlacken kann nach der DIN EN ISO 8130-07 bestimmt werden. Diese Norm wird derzeit durch den DIN-Arbeitskreis Pulverlacke NA 002-07-01 überarbeitet und wird in diesem Jahr in neuer Fassung erscheinen.

Zum Netzwerken:
DFO e.V., Neuss, Dr. Jens Pudewills, Tel. +49 2131 40811-23, pudewills@dfo-online.de, www.dfo-online.de

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