Ein Fehler, zwei Expertisen
An einer pulverbeschichteten Toranlage kam es zu Fleckenbildung bzw. Farbton- und Glanzverschiebungen (Bild 1 und 2). Betroffen war der Bereich, in dem das Tor beim manuellen Öffnen und Schließen berührt wird. Die Fehler traten erst nach einigen Monaten auf. Mit der Zeit verstärkte sich die Fleckenbildung. Ansonsten zeigte sich die Beschichtung mängelfrei. Aber wodurch waren die Verfärbungen entstanden? Die mikroskopischen Aufnahmen der Fehlerbereiche zeigten eine deutlich “angegriffene”, rauere Topographie der Oberfläche, verglichen mit dem glatten fehlerfreien Bereich. Viele Schadensbereiche wiesen deutliche Strukturen innerhalb der Verfärbungen auf.
Das erste Gutachten
Ein nicht von der DFO durchgeführtes Gutachten kam zu der folgenden möglichen Ursache: Die beschichtete Oberfläche war bei Montage, Lagerung und Transport noch nicht vollständig ausgehärtet. Beim Verladen und Aufbau der Torelemente wurden diese “händisch” angefasst. Durch die dabei entstehende Reibung wurde die noch nicht vollständig ausgehärtete Oberfläche geschädigt bzw. der Weichmacher der zum Schutz aufgebrachten Transportfolie in die Beschichtung “gepresst”, was die Oberfläche schädigte. Diese Version konnte nicht belegt werden. Auch erklärt sie nicht, warum sich die Fehler erst nach und nach bildeten und immer noch neue entstehen.
Das zweite Gutachten
Bild 2: Insbesondere der Bereich, in dem das Tor manuell geöffnet und geschlossen wird, ist beidseitig stark betroffen.
In einem von der DFO erstellten Gutachten konnten die Strukturen innerhalb der Verfärbungen Fingerabdrücken bzw. “Wischspuren” zugeordnet werden. Ein Fleck hatte die Form eines Handabdrucks. Es wurde festgestellt, dass die meisten Flecken sich in den Bereichen befanden, die man durch “normale” Berührung im täglichen Gebrauch erreichen kann. Vergleichbare Flecken wurden an einer ebenfalls pulverbeschichteten, nicht zum Lieferumfang der Toranlage gehörenden Tür gefunden. Aufgrund des Erscheinungsbildes und des Umstands, dass das Fehlerbild erst Monate nach Montage sichtbar wurde, war klar, dass die Fehler mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch die Kontamination der beschichteten Oberfläche mit Sonnencreme o.ä. Substanzen verursacht wurde. Dies konnte durch Nachstellversuche im Labor belegt werden. Das Problem liegt in der irreversiblen und unvermeidlichen Migration der Bestandteile der Sonnencreme (Öle, Emulgatoren, Titandioxid etc.) in die Beschichtung. Daher fallen solche Erscheinungen in der Regel nicht unter die Garantie. Der Hersteller des Pulverlacks wies in seinen Verarbeitungshinweisen auf die schädigende Wirkung von Sonnenschutzmittel hin und machte Vorgaben für die Pflegeintervalle.
Fazit
Beide Expertisen erklären den Schadensmechanismus auf unterschiedliche Weise und gelangen zu einer gegensätzlichen Schlussfolgerung. Während ein Gutachten einen Pflegefehler ausschließt, sieht das andere genau darin den Grund. Welcher Argumentation das Gericht folgt und wer für den Schaden haftet, bleibt Aufgabe des zuständigen Richters. Ein plausibles Gutachten wird dabei eine Rolle spielen.
Zum Netzwerken:
Deutsche Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung (DFO) e.V., Neuss, Matthias Baltrusch, Tel. +49 2131-40811-28, baltrusch@dfo-online.de, www.dfo-online.de
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