Auf dem Weg zur smarten Fabrik

Mit einer Investition von knapp 60 Mio. Euro hat der Automobilzulieferer Rehau jetzt seine Leistungskapazität verdoppelt. Dabei floss viel eigenes Know-how in die Auslegung der Lackieranlage. Ein besonderes Highlight ist die wasserfrei arbeitende Bauteil-Reinigung.

Rehau hat am Standort Viechtach seine bisherige Leistungskapazität verdoppelt. Mit dem elektrostatischen Verfahren lassen sich bis zu 2 Mio. m² Fläche pro Jahr lackieren. Quelle: Rehau -

Rehau, der Experte in den Bereichen Stoßfänger, lackierte Anbauteile, Luftführungen, Schlauchleitungen und Dichtungspakete hat sein Herstellergelände in Viechtach erweitert. Nach dreijähriger Bauzeit hat das Unternehmen am 19. Mai die Lackieranlage eingeweiht. „Mit unserer weiterentwickelten Lackiertechnologie liegen wir ganz vorn“, freut sich Helmut Ansorge, Mitglied der Geschäftsleitung Rehau Automotive. Durch die Stand­orterweiterung verdoppelt das Unternehmen seine bisherige Leistungskapazität. Mit der neuen Anlage, die sich des ESTA-Verfahrens bedient, lassen sich 2 Mio m² Fläche pro Jahr lackieren, was ca. 280 Fußballfeldern oder täglich 8500 Stoßfängern entspricht.

Topographie im Konzept berücksichtigt

Der neue Lackierbereich ist direkt an Logistik und Montage­einheiten angeschlossen. Beim Bau haben die Architekten aus der Not eine Tugend gemacht: Anstatt das bestehende Gelände aufwendig zu begradigen, wurden die vorgegebenen topographischen Gegebenheiten integriert. Unter der Halle mit der Lackieranlage wurde das natürliche Gefälle genutzt und ein Keller errichtet, in dem die komplette Technik für die Lackieranlage untergebracht ist. Die bestehenden Gebäude befinden sich nun auf einer Ebene mit dem Erweiterungsbau, was vor allem für die Logistik Vorteile bietet.

Wasserfrei reinigen

In die Konzeption und Auslegung der Lackieranlage hat das Unternehmen viel eigenes Know-how einfließen lassen. Ein besonderes Highlight ist die wasserfrei arbeitende Bauteil-Reinigung. Bis dato wurden Werkstücke in Powerwash-Verfahren gereinigt. Ähnlich einer Autowaschanlage kommen hier viele Reinigungschemikalien, heißes Wasser, Blasluft und Trocknungsluft zum Einsatz. Als umweltschonende Alternative hat Rehau einen CO2-Reinigungsprozess installiert, für den bereits vorhandenes Kohlendioxid genutzt wird. Außer CO2 kommt nur noch Druckluft zum Einsatz, die die CO2-Kristalle mit hoher Geschwindigkeit auf die zu reinigende Oberfläche befördert – teures Frischwasser wird somit eingespart. Beim Reinigungsvorgang wird das CO2 durch eine spezielle Düsentechnik zu CO2-Schnee umgewandelt. Der Prozess beruht dabei auf thermischen, mechanischen und physikalischen Prinzipien. Einerseits erfolgt eine Ablösung der Verunreinigungen von der Oberfläche aufgrund unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten. Andererseits löst der Strahl beim Aufprall auf das Werkstück und durch Sublimationsexpansion die Verunreinigungen ab. Öl- und Fettverunreinigungen werden zudem durch Lösungsvorgänge im Kohlendioxid entfernt. Bauteile können so gezielt auf dem zu lackierenden Bereich gereinigt werden.

Die Produktionshalle „Spritzguss“ liefert die zu beschichtenden Werkstücke. Quelle (zwei Fotos): Rehau

Die Produktionshalle „Spritzguss“ liefert die zu beschichtenden Werkstücke. Quelle (zwei Fotos): Rehau

Die innovative CO2-Reinigung spart Wasser und Energie ein.

Die innovative CO2-Reinigung spart Wasser und Energie ein.

KVP in allen Bereichen

Markenzeichen der neuen Anlage sind hohe Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz. Elektrische Energie muss bei der Bauteilreinigung nur für die Roboterbewegung und die Umluftaufbereitung der Reinigungszelle aufgebracht werden. Zusätzlich zur umweltschonenden Reinigung ist jeder Arbeitsschritt optimiert worden: Verbesserungen in der Energiebilanz, weniger Farbverluste bei Farbwechseln, geringere Abfallmengen und optimale Gasausnutzung bei der Beflammung der Teile. Natürlich lag der ­Fokus auch auf der Digitalisierung der Arbeitsprozesse. Gerade die Nutzung von Big Data wurde vorangetrieben, um den Lackierbetrieb zur „Smart Factory“ zu machen und den Lackierprozess kontinuierlich zu verbessern.

VORTEILE

  • Bessere Energiebilanz
  • Weniger Farbverluste bei Farbwechseln
  • Geringere Abfallmengen
  • Optimale Gasausnutzung beim Beflämmen
  • Stärkere Digitalisierung der Arbeitsprozesse
  • Nutzung von Big Data zur laufenden Optimierung des Lackierprozesses
  • Umweltfreundlichkeit gesteigert

FAKTEN ZUR NEUEN LACKIERANLAGE

  • Invest: knapp 60 Mio Euro
  • Neue Bereiche: umweltfreundliche Lackieranlage, Logistikhallen mit Montageeinheiten, doppelte Kapazität
  • Fläche: 16.000 m²
  • Lackierleistung: rund 2 Mio m² jährlich, das entspricht ca. 8500 Stoßfängern täglich
  • Lackierprodukte: Stoßfänger, Dachspoiler, Außenbauteile
  • Zusätzliche Arbeitsplätze: 30 – 35 in den nächsten zwei Jahren
  • Highlight: Ersatz von Powerwash durch wasserfrei arbeitende CO2-Reinigung

Rehau, Werk Viechtach, Tel. +49 92 83770, info@rehau.de, www.rehau.com

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