Rechtliche Regelungen beachten und umsetzen

Typische Alltagssituation: Ein Nachbar ärgert sich über die Gerüche eines Lackierbetriebs, ruft eines Tages dort an und beschwert sich. Statt rasch und zeitnah zu prüfen, ob die Beschwerde tatsächlich gerechtfertigt ist, behauptet der Betriebsleiter meist "Hier riecht es doch gar nicht" und reagiert erst, wenn es schon Ärger mit der Behörde gibt. Dann ist es aber oft zu spät, um festzu-stellen, was denn nun das eigentliche Problem war.

Beurteilt werden nicht die Geruchsemissionen am Entstehungsort -

Ursache dieses Verhaltens ist meist die Unkenntnis über die Zusammenhänge zwischen Entstehung, Verteilung und Wahrnehmung von Gerüchen. Auch ist vielen Betreibern von Lackieranlagen die tatsächliche Rechtslage nicht bekannt. Sie glauben, durch die Einhaltung der Vorgaben der 31. BImschV (VOC-Richtlinie) alles Notwendige getan zu haben. Erst die Kenntnis der tatsächlichen Geruchssituation gibt jedoch Aufschluss über den Handlungsbedarf und die richtigen Konzepte zur Geruchsminderung.

Kein Zusammenhang von Gesamt-C und Geruch

Zwischen der vorliegenden Gesamtkohlenstoff-Konzentration der Abluft und der Geruchstoff-Konzentration besteht je-doch kein direkter Zusammenhang, wie langjährige Praxis-Erfahrungen und Untersuchungen zeigen. Gerade der hinsichtlich Gesamt-C positive Wechsel von konventionellen Lacken zu Wasserlacken führt in einigen Fällen zu deutlichen Verschlechterungen der Geruchssituation. Die statt der „klassischen“ Lackbestandteile eingesetzten Lösemittel sind zum Teil so extrem geruchsintensiv, dass schon kleinste Mengen zu deutlich höheren Geruchswahrnehmungen führen können. Auch verändert sich die Geruchsart keinesfalls positiv; häufig wird sie nun als „katzenurinartig“ bezeichnet. Mit einer als „äußerst unangenehm“ bezeichneten Hedonik wird dieser Geruch auch noch als weitaus belästigender empfunden. Schon im Unternehmen zeigt sich dies: Wer einmal Tropfen aus der Wasservorlage an der Hand hatte und dies noch Stunden bis Tage später riechen konnte, weiß, wovon wir hier sprechen.

Das Gesamtkonzept veranschaulicht, mit welchen Themenkomplexen sich industrielle Lackierbetriebe befassen sollten.

Das Gesamtkonzept veranschaulicht, mit welchen Themenkomplexen sich industrielle Lackierbetriebe befassen sollten.

Geruch = erhebliche Belästigung? Nein!

Wichtig ist: Gerüche sind nicht automatisch ein relevanter Beschwerdegrund! Erst wenn „erhebliche“ Belästigungen vorliegen, besteht ein Handlungsbedarf zur Geruchs-Minderung. Das allgemein geltende Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) weist schon in seinem ersten Paragrafen darauf hin, dass „Schädliche Umwelteinwirkungen“ zu vermeiden sind und versteht darunter auch „erhebliche“ Belästigungen durch Geruchsimmissionen. Also muss ein Lackierbetrieb zunächst prüfen, ob tatsächlich eine Erheblichkeit im Sinne des Gesetzes vorliegt. Beurteilt werden dabei nicht die Geruchsemissionen am Entstehungsort, sondern die über den Wind und die so genannte Transmission in die Nachbarschaft getragenen Geruchsimmissionen. Hierbei geht es um die relevanten Wahrnehmungshäufigkeiten, die eine Störung des Wohlbefindens auslösen können. Zur Beurteilung wurde 1992 die so genannte „Geruchsimmissions-Richtlinie“ (GIRL) eingeführt. In ihrer aktuellen Fassung von 2008 gibt sie in Abhängigkeit von der Nutzung verschiedener Gebiete (Wohngebiet, Gewerbegebiet etc.) Zeitanteile vor, in denen am jeweiligen Immissionsort Gerüche wahrnehmbar sein dürfen. Dies sind – angegeben in Prozent der Jahresstunden – Wahrnehmungshäufigkeiten von:

  • 10% in Wohn- und Mischgebieten
  • 15% in Gewerbe- und Industriegebieten

Dabei bedeuten 10%, dass keine „Erheblichkeit“ der Gerüche für die Nachbarschaft und damit kein Handlungsbedarf zur Minderung vorliegt, wenn an 365 Tagen/Jahr mit insgesamt 8760 h eine Wahrnehmungszeit von 876 h oder umgerechnet über zwei Stunden täglich vorliegt. In der Regel lassen sich die für jeden einzelnen Lackierbetrieb und seine Nachbarschaft vorliegenden Zeitanteile von Geruchsimmissionen nicht ohne Messungen und/oder Prognosen ermitteln. Diese Arbeiten werden durch entsprechende Messstellen nach §26 BImSchG oder Sachverständige durchgeführt.

„Geruchsimmissions-Richtlinie“

Berücksichtigt werden müssen nicht nur die Gerüche des eigenen Betriebs, sondern auch die anderer möglicher Betriebe in der Umgebung

  • Kurze Geruchsfahnen von weniger als 6 min/h werden grundsätzlich vernachlässigt
  • Ab 6 min pro Stunde sind Geruchswahrnehmungen immer als „ganze Geruchsstunde“ zu werten, da die menschliche Wahrnehmung auch bei vielen kurzen bzw. einer längeren Immission dem Betroffenen vorgaukelt, dass es „die ganze Zeit“ gerochen hat
  • Also kann die „Erheblichkeit“ von Gerüchen am Immissionsort in der Nachbarschaft der Lackiererei schon bei Geruchswahrnehmungen von 2 x 6 = 12 min/Tag = ca. 73 h/Jahr gegeben sein, aber auch erst bei Wahrnehmungen von 876 h/Jahr. Die Spanne kann also mehr als den Faktor 10 betragen

Neue Serie mit praxisgerechten Tipps

Wie man Geruchsemissionen und -immissionen in den Griff bekommt, sie bereits im Vorfeld vermeidet und

welche rechtlichen Auflagen es gibt, erklärt die neue Serie „Geruchsemissionen und -immissionen im Fokus“, die besser lackieren! in Zusammenarbeit mit der Braunschweiger Umwelt-Biotechnologie GmbH (BUB) veröffentlicht.

BUB-Geschäftsführerin Renate Hübner ist u.a. geprüfte Umwelt-Auditorin, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige (Geruchsemissionen / -immissionen, biologische Abgasreinigung) mit 25-jähriger Erfahrung in der Luftreinhaltung von Lackierbetrieben.

Sie steht für Fachfragen und Messungen zur Verfügung.

Braunschweiger Umwelt-Biotechnologie GmbH (BUB), Braunschweig, Renate Hübner, Tel. +49 531 22096-0, kontakt@bub-umwelt.de, www.bub-umwelt.de

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