Wenn Schleifscheiben zu heiß werden
Manchmal sieht man sich mit Fehlerbildern in der Beschichtung konfrontiert, deren Ursache im Grunde schnell gefunden werden kann. Die genaue Entstehung aufzuklären, erweist sich jedoch oft als wesentlich schwieriger. Gerade bei Fehlern, die sporadisch während wichtiger Prozessschritte auftreten, gilt es, deren Entstehungsprozess zu verstehen, um sie zukünftig zu vermeiden. Dabei kann sich herausstellen, dass sich das Problem mit geringerem Aufwand lösen lässt, als zunächst gedacht. Das folgende Beispiel soll zeigen, wie wichtig solche Erkenntnisse für die Problemlösung sein können. Bei einem Automobilzulieferer, der Aluminiumbauteile herstellt, kam es während der kathodischen Tauchlackierung (KTL) sporadisch zu Benetzungsstörungen. Diese traten nur im Bereich von Bohrungen auf, die vor der KTL mit einem Winkelschleifer entgratet wurden. Somit konnte die Ursache sehr schnell auf den Entgratungsprozess eingeschränkt werden, allerdings ohne klären zu können, warum und wie das Fehlerbild entstand (Bild 1). Auf das Entgraten zu verzichten war nicht möglich und einen anderen Prozess einzurichten, war mit viel Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Also wurde der Fall der DFO Service GmbH zur Schadensanalyse vorgelegt. Als erstes zeigten lichtmikroskopische Untersuchungen, dass im unbeschichteten Bereich Interferenzerscheinungen auftraten (Bild 2).
Bild 2: Untersuchungen mit dem Lichtmikroskop zeigen Interferenzeffekte im Fehlerbereich.
Eindeutige Schlussfolgerung
In diesen Bereichen konnte IR-spektroskopisch Polyesterharz nachgewiesen werden und per energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) fielen erhöhte Mengen Silizium und Sauerstoff auf. Die eingesetzte KTL basierte allerdings auf Epoxidharzen und kam für das nachgewiesene Polyesterharz nicht als Quelle in Frage. Die Summe der Analyseergebnisse in Kombination mit den Prozessbeschreibungen des Kunden ließ jedoch eine eindeutige Schlussfolgerung der Fehlerursache zu. Es stellte sich heraus, dass die Schleifscheiben, die zum Entgraten der Bohrungen benutzt wurden, ein Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester sowie Keramikschleifkörner (SiO2) enthielten. Außerdem konnte das Auftreten des Fehlerbildes größtenteils auf sehr durchsatzstarke Produktionstage eingegrenzt werden. Somit wurde deutlich, was passiert war: Der hohe Durchsatz zwang die Mitarbeiter, die Bauteile schnell hintereinander zu entgraten. Dadurch heizten die Schleifscheiben schneller auf höhere Temperaturen auf. Ab einer bestimmten Temperatur wurde das Polyesterharz mitsamt der Schleifkörner (SiO2) auf die Bauteiloberfläche „aufgeschmolzen“. Es entstanden dünne Schichten aus Polyesterharz und Schleifpartikeln, die den sichtbaren Interferenzeffekt verursachten. Sie wirken in der KTL isolierend und führen zu entsprechend unbeschichteten Bereichen. Die Lösung des Problems war denkbar einfach und kostengünstig: Es wurde ein zweiter Winkelschleifer zum regelmäßigen Wechsel bei Überhitzung angeschafft.
EINGESETZTE ANALYSEMETHODEN
IR-Spektroskopie
Molekülschwingungen bei organischen Molekülen werden durch Absorption von Strahlung im infraroten, nicht sichtbaren Bereich des Lichts angeregt. Die Infrarotstrahlung (IR-Strahlung) wird auch als Wärmestrahlung bezeichnet, da sie von der Haut als Wärme empfunden wird. Abhängig vom Aufbau und der Struktur der Moleküle werden ganz bestimmte Anteile der IR-Strahlung absorbiert. Aufgezeichnet wird die Abhängigkeit der Größe der Absorption des eingestrahlten Lichts von der Wellenlänge des Lichts. Man erhält dabei ein sogenanntes IR-Spektrum (Transmission wird gegen die Wellenzahl aufgetragen). Jedes Molekül bzw. jede Molekülgruppe hat dabei ein für sie charakteristisches IR-Spektrum, das einem „Fingerabdruck“ nahe kommt.
Rasterelektronenmikroskopie (REM) & Energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX)
Das REM nutzt die Wechselwirkung eines Elektronenstrahls mit der Probe als bildgebendes Verfahren. Dabei wird eine deutlich höhere Auflösung und Schärfentiefe als im Lichtmikroskop erreicht. Zusätzlich können Topographie-Unterschiede dargestellt werden. Ein zweiter Detektor ermöglicht es, freigesetzte Röntgenstrahlung energetisch zu analysieren und den verschiedenen Elementen der Probe zuzuordnen. Dies erlaubt z.B. die Untersuchung der Elementverteilung auf einer Oberfläche (Element-Mapping).
DFO e.V., Neuss, David Hoffmann, Tel. +49 2131 40811-12, hoffmann@dfo-online.de, www.dfo.info
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