Lackchargenvergleich

Die Lackeingangskontrolle ermöglicht oft keine tiefgehende Einsicht in stoffliche Unterschiede der Materialien. Unter anderem deshalb interessieren sich Lackverarbeiter zunehmend für den analytischen Vergleich unterschiedlicher Lackchargen.

Das Totalionenchromatogramm bestimmt Säure- und Alkoholkomponenten. Grafik: Fraunhofer IPA -

Bei  Verarbeitungsproblemen oder Auffälligkeiten bei der Endkontrolle der gefertigten Produkte unter anderem im Verlauf, der Durchhärtung, bei auftretender Rissbildung oder bei Farbtonunterschieden liefert eine analytische Untersuchung häufig Hinweise zu den Ursachen. Schadensfälle bzw. chargenabhängige Auffälligkeiten in Lacksystemen sind in ihrer Natur jeweils einzigartig und erfordern individuell angepasste analytische Untersuchungen. Das Fraunhofer IPA bietet als Dienstleister dazu ein folgendermaßen strukturiertes Verfahren:

  1. Persönliches Informationsgespräch mit Darstellung des Gesamtprozesses und Fehlerbetrachtung (z.B. Erscheinungsbild, Ausschussrate, uvm.)
  2. Gegebenenfalls Geheimhaltungsvereinbarung
  3. Individuelles Angebot
  4. Vertragsschluss
  5. Schnelle Bearbeitung mit stetigem Informationstransfer und Vorabinformation
  6. Ausführlicher Bericht mit Interpretationsteil

Komponenten-Analyse

Häufig ist bei der Analyse ein Bindemittelvergleich, beispielsweise mit IR-Spektroskopie sinnvoll, da die  filmbildenden Bestandteile der Lacke verschiedenste Arten und Mischungen von Bindemitteltypen beinhalten. Weiterhin ist es möglich abhängig von der Art und den Eigenschaften der Lacksysteme weitere Parameter zu untersuchen und chargenweise zu vergleichen. Von Bedeutung sind hierbei Weichmacher, Entschäumer, Füllstoffe und/oder Pigmente sowie viele weitere Additive.

Grafik 1: Aus dem Bindemittelgemisch abgetrenntes Gemisch aus Benzo­guanaminharz und einer NCO-Härterkomponente, für letztere sind die Banden (um 3266 / 1700 cm-1) bei der n.i.O.-Charge etwas intensiver.

Grafik 1: Aus dem Bindemittelgemisch abgetrenntes Gemisch aus Benzo­guanaminharz und einer NCO-Härterkomponente, für letztere sind die Banden (um 3266 / 1700 cm-1) bei der n.i.O.-Charge etwas intensiver.

Analysetools

Um geeignete Methoden für die Trennung und Identifizierung sowie gegebenenfalls der Quantifizierung der Einzelbestandteile zu entwickeln, ist Expertenwissen in der nass­chemischen Präparation sowie die Kenntnis der groben Lack-Zusammensetzung erforderlich. Je mehr Vorinformation verfügbar ist, umso mehr Systemdetails können mit analytischen Mitteln verglichen werden. Die Wahl der Analysenmethoden und -verfahren richtet sich grundlegend nach den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Rezepturkomponenten. Daher kommen die unterschiedlichsten Methoden zum Einsatz, darunter unter anderem:

  • Gaschromatografie zur Identifizierung und Quantifizierung flüchtiger Stoffe, ggf. nach Derivatisierung
  • Infrarotspektroskopie zur Identifizierung diverser Komponenten, unabhängig vom Aggregatzustand
  • Thermogravimetrie zur Bestimmung der zersetzbaren organischen/anorganischen Füllstoffanteile
  • Gelpermeationschromatografie zur Betrachtung der Molmassenverteilung von löslichen Bindemitteln.

Im Folgenden werden einige reale Fallbeispiele aus der täglichen Praxis des Fraunhofer IPA inklusive der daraus abgeleiteten Lösungsansätze  dargestellt. In jedem Beispiel erfolgt der Vergleich von Proben aus verschiedenen Chargen, bezeichnet als Probe 1 und Probe 2.

Grafik 3: Die auffällige Probe (nio-Muster, rot) zeigt um 1730 cm -1 (siehe Pfeil) eine intensivere Carbonylbande als die Vergleichsprobe (io-Muster, schwarz).

Grafik 3: Die auffällige Probe (nio-Muster, rot) zeigt um 1730 cm -1 (siehe Pfeil) eine intensivere Carbonylbande als die Vergleichsprobe (io-Muster, schwarz).

Bindemittelvergleich

Der erste Fall beschäftigt sich mit der Bindemittelvergleichsanalyse von Polyester-basierten Lacken, die in der Metallbeschichtung zum Einsatz kommen. In den Beschichtungsstoffen waren nach der Probenpräparation mittels Infrafrotspektroskopie, kurz IR, verschiedene Bindemitteltypen nachweisbar (siehe Grafik 1, in rot Probe 1, in schwarz Probe 2). Dabei handelte es ich um Polyester, Benzoguanaminharz und ein verkapptes Isocyanat (Polyurethanbildung). Die beiden letztgenannten Stoffe konnten durch Extraktion mit iso-Oktan aus dem Gemisch separiert werden. In der IR-Spektroskopie zeigte die erste Probe, dargestellt in rot, im Vergleich mit der zweiten Probe, repräsentiert durch die schwarze Kurve, intensivere Banden für die enthaltene Isocyanatkomponente. Im Anschluss an diese Analysen erfolgte die detaillierte Bestimmung der Zusammensetzung der Säure- und Alkoholkomponenten des Polyesters. Zu diesem Zweck wurde nach einer einfachen Derivatisierung, der Methanolyse, eine gaschromatographische Untersuchung durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in Grafik 2 dargestellt. Die Säurekomponente enthielt vor allem Terephthalsäure, etwas Isophthalsäure sowie sehr wenig Adipinsäure. Bei dem Alkoholkbestandteilen handelt es sich u.a. um 2-Methyl-1,3-Propandiol, die restlichen Peaks stellen die Lacklösemittel dar.

Fremdanteile identifizieren

Das zweite Praxisbeispiel zeigt, wie durch eine Vergleichsanalyse in einer Lackcharge eine Fremdkomponente identifiziert werden konnte. Bei einem Kunden war eine Lackcharge bereits bei der Verarbeitung auffällig. Der Beschichtungs-Film blieb im Vergleich länger klebrig. Aus diesem Grund reklamierte der Kunde diese Lackcharge und gab eine Vergleichsanalyse mit einer unauffälligen Charge in Auftrag. Im IR-Spektrum (Grafik 3) ließ sich durch Spektren-Differenzbildung zeigen, dass die reklamierte Charge zusätzlich ein Alkydharz in geringer Menge enthielt.

Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de, Dipl.- Ing. Markus Keuerleber, Tel. + 49 711 970-3828, markus.keuerleber@ipa.fraunhofer.de, Dr. Katharina Weber, Tel. +49 711 970-3831, katharina.weber@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung

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