Krater & Co. frühzeitig vermeiden

Ursachen von Beschichtungsfehlern können lackbenetzungsstörende Substanzen sein. Daher sollten industrielle Lackierbetriebe alle eingesetzten Stoffe und Bauteile prüfen.

Kraterbildung und Benetzungsstörungen durch lackbenetzungsstörende Substanzen verursachen in der Produktion hohe Nacharbeitskosten. Quelle: Fraunhofer IPA -

Lackbenetzungsstörende Substanzen (LABS) können bei der Verarbeitung von Lacken zu massiven Beschichtungsfehlern führen, die in der Produktion meist hohe Kosten an Nacharbeit erzeugen. Die Ursachenfindung ist oft aufwändig, denn die Gründe können in der Anlage, im Lack oder im Prozess liegen. Die Störungen treten in Form von Kratern, Benetzungsstörungen, Anquellungen oder Farbveränderungen auf. Deshalb werden für sensible Lackierungen wie die Automobillackierung alle Hilfsmittel und Anlagenkomponenten im Vorfeld auf LABS getestet. Klassische Beispiele sind Silikone, doch auch viele Fette, Fettsäuren, synthetische Mineralöle, Trennmittel und Weichmacher von Kunststoffen, Kleb- und Abdichtstoffe, Teflon­abrieb, halogenhaltige Kohlenwasserstoffe und Buntmetalle gehören dazu. Die Ursache der Unverträglichkeiten liegt in einer Kontamination der zu lackierenden Oberfläche, des Lackmaterials oder des Nasslackfilms mit lackunverträglichen Stoffen über eine Grenzkonzentration hinaus, die die Lackunverträglichkeit wirksam werden lässt. Aus diesem Grund müssen diese Stoffe nicht zwangsläufig zu Lackbenetzungsstörungen führen und deshalb nicht pauschal aus der Lackierung verbannt werden. Die Thematik betrifft ebenso Arbeitskleidung, betriebliche Schutzausrüstungen sowie Kosmetika oder Parfüms der Mitarbeiter. Auch Verschleppungen aus anderen Fertigungsbereichen oder Fremdfertigungen kommen als Ursache infrage. Neben vorbeugenden Maßnahmen wie Bauteilreinigung oder Verzicht auf eindeutig lackunverträgliche Stoffe sollten grundsätzlich alle Bauteile und Stoffe, die im lackverarbeitenden Betrieb eingesetzt werden, auf LABS hin untersucht werden.

PRÜFMETHODEN BEI LABS

Es gibt grundsätzliche Vorgehensweisen, die sich in den verschiedenen Prüfvorschriften wieder finden und die bei sorgfältiger Anwendung eine hohe Sicherheit in Hinsicht auf die „Lackverträglichkeit“ eines Bauteils liefern: Direkte Kontamination: Bei diesen Verfahren werden zu prüfende Bauteile direkt auf Probenblechen abgerieben und der Abrieb überlackiert. Flüssige oder pastöse Proben werden als Film auf Probenbleche aufgetragen, welche anschließend überlackiert werden. Auch können flüssige oder pastöse Proben direkt in die Lackmaterialien eingebracht werden. Die so kontaminierten Lacke werden aufgespritzt und der Lackfilm anschließend auf Benetzungsstörungen begutachtet. Lösemitteltest (Extraktion): Hierbei werden Stoffe aus Materialproben bzw. aus Bauteilen mittels eines geeigneten Lösemittels extrahiert. Das aufgefangene Lösemittel wird auf Prüfbleche aufgetragen und die Rückstände nach Abdunsten des Lösemittels überlackiert. Drucklufttest: Prüfteile, die mit Luft in Kontakt stehen, wie z.B. Pneumatikbauteile oder Luftfilter, werden auf ein Prüfblech ab- oder durchgeblasen und dieses anschließend überlackiert. Ausgasungs- oder Verdunstungstest: Bauteile, die im Einsatz höheren Temperaturen ausgesetzt sind (z. B. in Lacktrocknern) werden in geeigneten Behältern, die mit Prüfblechen abgedeckt werden, im Ofen wärmebelastet und die Bleche anschließend überlackiert.

Tests und Prüfanweisungen

Viele Automobilhersteller und zum Teil auch Zulieferer verfügen daher über werkseigene Prüfanweisungen, in denen Vorgehensweisen zur Prüfung auf lackbenetzungsstörende Substanzen beschrieben werden. Bei den Prüfungen werden zumeist die jeweiligen Lacke aus der Serienproduktion der Automobilhersteller verwendet oder Lackmaterialien aus dem Zubehörhandel, die einfach zu beschaffen sind. Auch die eingesetzten Lösemittel und Untergründe weichen je nach Spezifikation voneinander ab. Da die Entstehung von ­Lackunverträglichkeiten von den Eigenschaften der Beschichtungsstoffe, der Substrate und eventuell der Applikation abhängig sein kann, ist ein einmal als „lackverträglich“ geprüftes Bauteil nicht notwendigerweise unter anderen Einsatzbedingungen oder bei Beaufschlagung durch andere Lacke und Lösemittel ebenfalls lackverträglich.

Grundsätzlich sollte sich die Auswahl der anzuwendenden Prüfmethoden (s. Kasten) am Anwendungsfall des zu prüfenden Bauteils orientieren. Hierbei helfen die Fragestellungen, wie aus dem Bauteil potenziell lackbenetzungsstörende Sub­stanzen abgegeben werden können, ob unmittelbarer Kontakt zu Lack, Lösemittel oder zu lackierender Oberfläche besteht und ob eine indirekte Kontamination durch Prozess- oder Kabinenluft möglich ist. Vielen Anwendern und Zulieferern der Automobilindustrie liegen die verschiedenen Werksvorschriften zur Prüfung auf LABS nicht vor. Dennoch werden Produkte gefordert, die keine LABS enthalten. Aus diesem Grund wurde in der VDMA Fachabteilung Oberflächentechnik das VDMA Einheitsblatt 24364 unter dem Titel „Prüfung auf lackbenetzungsstörende Substanzen“ veröffentlicht. Dieses wurde unter Mitwirkung von Zulieferern der Automobilindustrie, Dienstleistern für Oberflächenbehandlung, Anlagenbauern, Forschungsgesellschaften wie dem Fraunhofer IPA sowie Vertretern der Automobilindustrie erarbeitet und soll dem Anwender ein nachvollziehbares und reproduzierbares Verfahren für die Prüfung auf LABS vermitteln.

Des Weiteren hat die Abteilung Beschichtungssystem- und Lackiertechnik des Fraunhofer IPA aufgrund der Komplexität des Prüfverfahrens das dort durchgeführte Prüfverfahren „Prüfung auf Lackverträglichkeit“ durch die DAkkS nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditieren lassen und führt entsprechende Prüfungen durch.

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970 3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de, Wolfgang Niemeier,Tel. +49 711 970 1791, wolfgang.niemeier@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung

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