Korrosionsschutz von Beschichtungen auf Multi-Metall-Substraten praxisgerecht prüfen
Wichtige Triebfedern für neue Werkstoffentwicklungen im Automobilsektor sind Aspekte der Verbesserung des Korrosionsschutzes insbesondere bzgl. Durchrostung und die Forderung nach Gewichtsreduzierung. Damit verbunden ist der zunehmende Einsatz von verzinktem Stahl und Aluminiumwerkstoffen neben kaltgewalztem Stahl. Neuentwicklungen bei Werkstoffen, Oberflächenvorbehandlungen und Lacksystemen erfordern sowohl für Lieferanten als auch für OEM eine zuverlässige und möglichst zeitgeraffte Laborprüftechnik, die das Korrosionsverhalten im Praxiseinsatz gut vorhersagen kann. Der seit 30 Jahren für die Prüfung des Korrosionsschutzes von Kfz-Lackierungen eingesetzte VDA-Wechseltest 621-415 zeigt jedoch bei Multi-Metall-Substraten erhebliche Schwächen: Auf verzinkten Untergründen werden Beschichtungen wesentlich stärker als auf Stahl unterwandert, was im Widerspruch zu Praxisergebnissen bei Feldtests und der Freibewitterung steht.
Zunehmender Einsatz von Multi-Metall-Substraten
Aufgrund der großen Bedeutung der Multi-Metall-Substrate im Automobilbereich wurde dieses Thema von einem Arbeitskreis des VDA und des VDEh bearbeitet. Dabei war das Ziel, einen zuverlässigen und beschleunigten Labor- Korrosionstest zu entwickeln, der diese Werkstoffe praxisgerecht entsprechend Freibewitterungsergebnissen bewertet (Kasten Anforderungen). Neben den Automobilherstellern und -zulieferern nahmen auch die Hersteller der Grundwerkstoffe Stahl, Aluminium und verzinktem Stahl teil. In die Konzeption des neuen Tests gingen Erfahrungen der Automobilindustrie mit eigenen Test-Varianten ein. Ein wichtiges Element für den neuen Test ist eine Tieftemperatur-Phase, die auf eine Phase mit hoher relativen Feuchte folgt.
Praxisgerechte NaCl-Dosierung
Ein Mangel bei vielen Korrosionstests ist die Überzeichnung der Korrosion bei Zink durch die übliche 5%ige NaCl-Lösung. Untersuchungen des Schneewassers an Straßen nach Streusalzanwendung führten zu einer praxisgerechteren Salzkonzentration durch Absenkung der bisher üblichen 5% auf 1% im neuen Test. Die mögliche Passivierung von Zinkoberflächen bei der Freibewitterung unter Feuchten zwischen 60-80% r.F. wird beim neuen VDA-Test durch eine Feuchte- und Temperaturregelung berücksichtigt. Der neue Wechseltest besteht aus drei unterschiedlichen Tageszyklen, die sich an den verschiedenen realen Belastungsszenarien orientieren und in einer festgelegten Abfolge kombiniert werden. Diese Tageszyklen und weitere wesentliche Merkmale des neuen VDA-Wechseltests sind in den nebenstehenden unteren Kasten dargestellt.
Weiterführende Entwicklungsarbeiten
Am Fraunhofer IPA wird dieser neue VDA-Test bereits seit zwei Jahren mit einer automatisierten Prüfanlage durchgeführt. Durch Korrosionsuntersuchungen an hochwertigen Beschichtungsaufbauten auf Multi-Metall-Substraten konnte am Fraunhofer IPA die Leistungsfähigkeit des neuen VDA-Wechseltests im Vergleich zum bisherigen VDA-Test durch die Erzeugung praxisgerechter Korrosionsbilder mit Filiformkorrosion bei Aluminium und Stahl und der richtigen Unterwanderungsverhältnisse bei Stahl und verzinktem Stahl bestätigt werden. Derzeit laufen am Fraunhofer IPA weitere Entwicklungsarbeiten mit dem Ziel, die bisher einzigartige, mit der Praxis gut übereinstimmende Ausprägung der Korrosions-Schadensbilder bei diesem Test auch auf andere Felder, wie z.B. den Korrosionsschutz im Stahlbau und weiteren Branchen zu übertragen. Dieses neue Prüfverfahren mit der Bezeichnung „Zyklische Korrosionsprüfung von Werkstoffen und Bauteilen im Automobilbau“ (VDA 233-102) wurde im August 2012 vom VDA/VDEh-Arbeitskreis als Normen-Entwurf verabschiedet.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de, Dr. Ulrich Christ, Tel. +49 711 970-3861, ulrich.christ@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
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