Virtuell lackieren
Die Software wurde auf Basis der Gaming-Engine Unity entwickelt. Wichtigstes Zubehör für die realitätsnahe Beschichtung ist der Einsatz einer handelsüblichen Handlackierpistole, die Feynsinn umgerüstet hat: Die Controllersteuerplatine befindet sich im unteren Teil des Farbbechers. Darüber ist Platz für eine Flüssigkeit, damit der Lackierer beim Bewegen der Pistole spürt, wie der Lack im Becher hin und her schwappt. Den oberen Abschluss des Farbbechers bildet ein kronenähnlicher Deckel. Er enthält den Tracker, mit dem die Lighthouses, die den virtuellen Raum ausmessen, die Position der Lackierpistole im Raum erfassen. Zur Simulation der Sprühstärke hat Feynsinn am Abzug einen Flex-Sensor installiert, der per Kabel mit der Steuerplatine verbunden ist und wie beim echten Lackieren den Farbauftrag reguliert. Abgerundet wird die praxisnahe Lackierausstattung mit einem Druckluftschlauch, der am unteren Ende der Applikationspistole angeschlossen ist. Weiteres Zubehör, wie Laptop, VR-Brille und die Lighthouses, gibt es im Computerhandel zu kaufen.
Setzt der Anwender die VR-Brille auf, sieht er sich in einer virtuellen Lackierkabine stehen. Auf der rechten Seite schwebt das Auswahlmenü. Es bietet eine Einführung in das Handling von Pistole und Software sowie das Lackiertraining mit Auswahl unterschiedlich geformter Werkstücke und Einstellung der Lackierparameter. Als dritten Punkt gibt es den Challenge-Modus. Er dient der Motivationssteigerung, denn er bietet Anwendern die Möglichkeit, in Wettkämpfen die eigenen Fähigkeiten zu messen und zu verbessern: wer mit einer vorgegebenen Lackmenge die größte Fläche lackiert oder ein bestimmtes Bauteil mit dem geringsten Lackverbrauch beschichtet – natürlich unter Einhaltung der Qualität. Im Trainingsmodus findet der Anwender die Werkstücke. Zur Auswahl stehen u.a. eine Autotür, ein Kotflügel, ein ebenes Werkstück und eine Kugelkappe. Anschließend wählt er die Farbe und stellt die Lackierparameter (Spritzstrahl, Materialmenge, Luftdurchfluss) ein. Dreht er sich nach links, sieht er das Werkstück sowie die Anzeigen für die Füllmenge im Farbbecher und den Lackdurchfluss. Ein Distanzstrahl zeigt, ob der Abstand zwischen Werkstück und Pistole richtig ist oder korrigiert werden muss. Beim Ziehen des Abzugs strömt Lack samt Overspray aus der virtuellen Pistole und die Beschichtung kann beginnen. Bewegungsablauf und Lackierung laufen in Echtzeit, also ohne Verzögerung.
Ist die Beschichtung beendet, erhält der Anwender zuerst Informationen in Form von Likes: „Optimaler Lackierabstand!“, „Alles erwischt!“ oder „Keine Lacknasen!“ Über das Menü kann er detaillierte Informationen zu seiner Arbeit abrufen, wie ausreichende Lackabdeckung, Lackverbrauch, Pistolenhandling, Lackiergeschwindigkeit oder Abweichungen vom optimalen Lackierablauf. Die Darstellung erfolgt in Falschfarbenauswertung auf dem Werkstück, so dass der Anwender nachvollziehen kann, in welchen Bereichen er gut bzw. nicht so gut gearbeitet hat. Vorteil der virtuellen Lackierung: Er kann das Werkstück erneut beschichten – auf kleinem Raum, ohne Werkstück, ohne Lack, ohne Lackierkabine, ohne Druckluft sowie ohne Arbeitskleidung und -schutz. Das ist Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit pur.
Warum das wichtig wird |
Damit angehende Verfahrensmechaniker für Beschichtungstechnik lernen, wie sie manuell beschichten, brauchen sie Werkstücke, Lack und entsprechendes Equipment einschließlich Lackierkabine. Das virtuelle Lackieren bietet die Möglichkeit, manuelles Applizieren ohne Einsatz echter Materialien zu trainieren. Erst wenn hier alles klappt, folgt die reale Praxis. Industrielle Lackierbetriebe profitieren mehrfach von Systemen dieser Art: Sie schonen Ressourcen, sparen Kosten, bieten eine Ausbildung auf hohem Niveau und erhöhen bei der Mitarbeitersuche ihre Chancen. |
Da stellt sich die Frage nach den Investitionen. „Die Kosten für die virtuelle Lackierung sind erschwinglich. Wir werden unseren ‚VR-Paintshop‘ als Lizenzmodell vertreiben. Hinzu kommen die einmaligen Kosten für die Hardware.“ Gibt es schon Erfahrungen, wie hoch die Einsparungen sind? Huber nickt: „Ein Unternehmen vergleicht aktuell die Kosten für die reale Schulung mit den Kosten für die VR-Schulung. Die Untersuchung läuft noch, doch erste Prognosen gehen von einer Kostenreduzierung von etwa 40% aus“, berichtet er. „Hinzu kommt, dass die Auswertung der Lackierparameter bei ‚VR-Paintshop‘ besser möglich ist als in der Realität. Außerdem eignet sich das System für Trainings zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung.“ Einblicke in die Technologie gibt es auf YouTube unter den Stichworten: VR-Paintshop – Virtual Reality Training.
Besucher der Automotive Engineering Expo (AEE), die am 4./5. Juni 2019 in Nürnberg stattfindet, haben im Rahmen einer Masterclass die Gelegenheit, virtuelle Lernräume live zu erleben:
www.automotive-engineering-expo.com
Zum Netzwerken:
Feynsinn, EDAG Production Solutions GmbH, Garching, Christoph Huber, Tel. +49 175 9421255, christoph.huber@edag-ps.de, www.feynsinn.de
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