Was die Lackiertechnik im nächsten Jahrzehnt besonders prägen wird

Welche Trends und Innovationen die Lackieranlagenbetreiber heute und in der nächsten Dekade erfolgreich machen – dazu sollten Anlagenbauer, Lieferanten sowie branchenspezifische Institute einen Blick in die Zukunft wagen und Aussagen für BESSER LACKIEREN treffen.

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Vom großen Global Player bis hin zu mittelständischen und kleinen Beschichtern ist allen Unternehmen gemeinsam, dass sie innovative Technologien nutzen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Vor diesem Hintergrund stehen digitalisierte Prozesse und Automatisierungskonzepte im Fokus der Gesprächspartner. Um die großen Potenziale der industriellen Lackierung auszuschöpfen, muss Konnektivität über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg gegeben sein. Dazu sind Konzepte wie Industrie 4.0 und IIoT stark im Kommen. Darüber hinaus können Anwender mit ressourcenschonenden Verfahren ihre Lackierprozesse optimieren und zukunftsfähig gestalten.

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Lars Walther, Geschäftsführer, Qualitätsgemeinschaft Industriebeschichtung

  1. Die Automatisierung und Digitalisierung werden rasant fortschreiten. Hierdurch werden sich in den nächsten zehn Jahren ganze Firmenstrukturen verändern. Wer hier den richtigen Zeitpunkt verpasst, wird mit Sicherheit den Anschluss verlieren.
  2. Die QIB hat ein Qualitätszeichen für die industrielle Flüssigbeschichtung, insbesondere im Schienenfahrzeugbereich, entwickelt und Ende 2019 verabschiedet. Dieses gilt es 2020 umzusetzen und am Markt zu etablieren.
  3. Ich denke, dass dieses Jahr viele Beschichtungsunternehmen vor große Herausforderungen stellen wird. Die viel diskutierte „Krise“ und der Fachkräftemangel werden sich bei den Beschichtungsunternehmen auswirken und das Jahr 2020 in vielen Bereichen bestimmen. Insoweit gehe ich davon aus, dass „Qualität“ ein Trend sein wird, durch den sich die Beschichtungsunternehmen vom Wettbewerb
    abheben können.
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Dr. Alexa A. Becker, Geschäftsführerin, VOA Verband für die Oberflächenveredelung von Aluminium

  1. Digitalisierung und Automatisierung werden die industrielle Lackiertechnik noch weiter durchdringen. Die Themen Schadstoffemissionen, Energieeffizienz und Abfallsituation werden ein größeres Gewicht bei der Auswahl der anzuwendenden Lackierprozesse erhalten.
  2. Das Jahr wird spannend, da sich die deutsche Wirtschaft und damit auch die Oberflächenveredelungsindustrie auf die globale Zukunft einstellen müssen; beginnend bei der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz bis zu der Lösung von Energie- und Klimafragen mit Hilfe der Erkenntnisse aus der weltweiten Wissenschaft und Forschung. Hier liegen Chancen und Risiken nah beieinander. Darüber hinaus wird die Aufgabe sein, dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Migrationsfrage gesellschaftspolitisch zu lösen. Der VOA hat für seine Mitglieder die Zukunft im Blick.
  3. Der Fachkräftemangel macht erhebliche Anstrengungen zur Personalqualifizierung erforderlich. Die offenen Baustellen in der Politik (EU-Klimaschutzgesetze, Lohnpolitikforderungen in Deutschland aber auch Brexit und Handelskonflikte) und die unklaren Konjunkturaussichten veranlassen die Unternehmen zur Zurückhaltung bei Investitionen.
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Dr. Michael Hilt, stellvertretender Institutsleiter, Fraunhofer IPA

  1. Die Änderungen in der industriellen Lackiertechnik werden sich in einer weiter zunehmenden Automatisierung, auch im Feld kleiner Stückzahlen, bemerkbar machen. Der Trend zur Automatisierung ist getrieben durch die stark zunehmende Regulierung bisher als unkritisch eingestufter Beschichtungs- und Rohstoffe und durch die Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet. Auf dem Weg zur autonomen und sich selbst steuernden Lackieranlage sind noch einige Schritte zurückzulegen, insbesondere sind Entwicklungen im Bereich der Sensorik und ein noch besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Material- und Applikationseigenschaften erforderlich.
  2. Wir sehen in der aktuellen Beruhigung der Konjunktur eine Chance, dass sich die industrielle Forschung und Entwicklung wieder auf wichtige, längerfristig relevante Themen fokussiert und diese mit Partnern systematisch bearbeitet – und dies Schritt für Schritt. Als wichtigen Baustein in diesem Jahr sehen wir die Bearbeitung von Projekten, um beispielsweise das Verständnis des Zerstäubungsprozesses mithilfe der Simulation weiter zu „digitalisieren“ oder Verlaufsvorgänge in Lacken numerisch zu beschreiben.
  3. Die Branche ist nach wie vor sehr innovativ – ich bin sehr auf die PaintExpo 2020 gespannt und überzeugt davon, dass die in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen um Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz auch in unserer Branche diesen Basisthemen nochmals einen Push geben werden.
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Dr. Lars Friedrich, CEO Division Application Technology, Dürr Systems

  1. Die Diskussion über den Klimawandel wird auch die Lackiertechnik beeinflussen. Daher erwarten wir in den kommenden zehn Jahren deutliche Fortschritte in der Automatisierung, die ressourcenschonendere Prozesse ermöglicht. Neue Techniken, wie zum Beispiel das oversprayfreie Lackieren etwa mit UV-aushärtenden Lacken, werden ebenfalls einen Beitrag liefern.
  2. Wir erwarten eine weiterhin starke Nachfrage für das oversprayfreie Lackieren mit unserem Applikator „EcoPaintJet“. Diese Technologie wollen wir als Kernkompetenz von Dürr weiterentwickeln und vorantreiben. Auch abseits der Automobilindustrie sehen wir enormes Potenzial für das oversprayfreie Lackieren als eine ressourceneffiziente automatisierte Lackiertechnik und werden in Kooperation mit der Firma Adler Lacke und unseren Integratoren weitere Anwendungsmöglichkeiten realisieren.
  3. In der allgemeinen Industrie erkennen wir ein wachsendes Interesse der Unternehmen, ihre Lackierprozesse zu automatisieren. Beispiele dafür sind der Robotereinsatz bei der Lackierung unterschiedlichster Produkte wie Helme oder Türzargen sowie automatisierte Maschinen bei der Holzlackierung. Gemeinsam mit unseren Systempartnern unterstützen wir die Industrie mit unseren Produkten bei der Umsetzung effizienter automatisierter Prozesse.
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Dr. Andreas Stumpe, Geschäftsführung, Haug Chemie GmbH

  1. Die immer schneller werdende Verschärfung der Gesetzgebung in den Bereichen Umwelt- und Arbeitsschutz  sowie die stete voranschreitende Einführung von REACH wird auch weiterhin einen starken Einfluss auf die in der Lackiertechnik eingesetzten Produkte nehmen. Die Hersteller von Lacken und chemischen Hilfsstoffen werden durch die weitere Verschärfung der Kennzeichnung von Rohstoffen oder die komplette Einstellung der Produktion von bestimmten Rohstoffen zu ständigen Veränderungen bei den Formulierungen gezwungen sein. Sich verändernde Technologien werden dazu führen, dass auch die Beschichtungen ständig weiterentwickelt werden. Moderne Beschichtungssysteme werden eine noch größere Bedeutung gewinnen als dies bisher schon der Fall ist. Die Automatisierung von Lackierprozessen wird allein schon aus dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung künftig zunehmen. Die Digitalisierung der Prozesse wird weiter vorangetrieben werden. Mit dem übergeordneten Ziel der Kostensenkungen wird sicherlich stets daran gearbeitet werden, die Beschichtungsprozesse insgesamt weiter zu entwickeln und zu optimieren, so dass im Idealfall einzelne Prozessschritte ganz entfallen oder effizienter gestaltet werden können. Hierbei wird der Faktor Energieeinsparung immer mehr an Bedeutung gewinnen.
  2. Das Jahr 2020 wird insgesamt wirtschaftlich stärker durch die Krise in der Automobilindustrie beeinflusst werden. Die anhaltenden Diskussionen im Bereich des Umweltschutzes werden zu gravierenden Veränderungen bei unseren Kunden führen. Die Haug Chemie wird das Jahr 2020 dazu nutzen, sich strukturell neu aufzustellen, die internen Prozesse zu optimieren und die bestehenden Produktgruppen zu überarbeiten. Weiterhin wird ein umfangreiches Investitionsprojekt in die bestehenden Produktionsanlagen am Standort eingeleitet. Die strategische Positionierung des Unternehmens soll weiter geschärft werden. Zielstellung hierbei ist es, die Vorteile eines durch Gesellschafter geführten mittelständigen Unternehmens noch stärker heraus zu arbeiten und gegenüber den Kunden sichtbarer zu machen. Hierbei soll vor allem an der weiteren Verbesserung der persönlichen Beziehung zwischen unserem Unternehmen und unseren Ansprechpartnern bei unseren Kunden gearbeitet werden. Produktseitig werden wir verstärkt daran arbeiten, CMR-Stoffe in unseren Produkten zu ersetzen sowie weiter an der VOC-Reduzierung in unserem Lösemittel- Entlackerprogramm zu arbeiten. Darüber hinaus werden wir daran arbeiten, unser Produktprogramm insgesamt auszubauen und zu vervollständigen. Die Zielstellung hierbei ist es, unseren Kunden für die gesamte vor Ort vorhandene Prozesskette Produkte zur Verfügung zu stellen, da wir hierin immense Potenziale sehen für die Kunden Prozessoptimierungen hinsichtlich der Qualität und der Effizienz zu erreichen.
  3. Prozessseitig werden sich, bedingt durch den konjunkturellen Abschwung, kleinere Fertigungschargen mit einer steigenden Zahl von Farb-Lackwechseln bemerkbar machen. Insofern wird auch die Optimierung von Spülprozessen weiter an Bedeutung gewinnen. Vor allem im Automobil- und Automobilzuliefererbereich werden Optimierungsprozesse mit dem Ziel Kosten zu senken verstärkt vorangetrieben.
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Werner Sinning, Geschäftsführer, Afotek

  1. Ressourcenschonung und Energierückgewinnungskonzepte werden vor dem Hintergrund der Klimapolitik zunehmend an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus wird die Automatisierung von Lackierprozessen weiter zunehmen. Die Trends „Indus­trie 4.0“, „Big Data“, „IoT“ wirken hier exponentiell.
  2. Für das Geschäftsjahr 2020 erwarten wir insgesamt eine stabile Wirtschaftslage. Insbesondere der Sektor der allgemeinverarbeitenden Industrie ist vielversprechend. Auch im Sektor Elektromobilität rechnen wir mit einem Umsatzwachstum. Für Afotek steht die Weiterentwicklung von Systemen zur Prozessdatenerfassung und -analyse im Fokus. Die Verknüpfung verschiedener Informationen zu Anlagenzustand und Prozessen kann so beispielsweise für eine vorbeugende Instandhaltung genutzt werden. Weiterhin arbeiten wir intensiv an der Weiterentwicklung unserer biologischen Abluftreinigungsanlage. Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimapolitik sehen wir für dieses Produkt große Chancen auf dem Markt. Ziel ist es, die internen Prozesse weiter zu optimieren, um noch flexibler auf Kundenwünsche eingehen zu können.
  3. Der Trend zu personalisierten Produkten und Individualisierung, bis hin zur Losgröße 1, führt sich weiter fort. Dies führt zu veränderten Anforderungen an Produktionskonzepte und fordert eine zunehmende Integration der Lackieranlagen in den gesamten Produktionsprozess. Der Faktor Flexibilität gewinnt neben den Ansprüchen an Qualität und Effizienz bei der Anlagenplanung zunehmend an Bedeutung.
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Jan den Hartog, Projektierung und Verlauf, SLF Oberflächentechnik

  1. Die in vielen Bereichen schon etablierte Automatisierung wird in den nächsten Jahren sicherlich in viele weitere Arbeitsschritte überführt werden. Hierbei gehen wir davon aus, dass z.B. der Einsatz von kollaborativen Robotern immer häufiger wird. Parallel rechnen wir damit, dass die Reduzierung des Lack- und Energieverbrauchs immer wichtiger wird.
  2. Das allseits diskutierte Thema der Nachhaltigkeit ist natürlich auch oder insbesondere in der Lackiertechnik sehr präsent. Hier liegt für uns als Anlagenhersteller ein erheblicher Fokus auf der Pulverbeschichtung und der zugehörigen Peripherie, wie Ofentechnik und Vorbehandlung. Wichtig ist für uns parallel auch nach wie vor die Erschließung neuer Märkte und Branchen.
  3. Unsere Kunden suchen stets nach Möglichkeiten, ihre Prozesse zu optimieren oder neu erforderlich werdende Arbeitsschritte möglichst intelligent umzusetzen. Dies ist nur möglich, wenn die Anlagentechnik zum einen auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnitten ist und zum anderen, wenn sie den hohen Anforderungen hinsichtlich Ressourceneffizienz gerecht wird. Ebenso ist der Bedarf an Kompensationen des Facharbeitermangels erkennbar. Wir sind darüber hinaus gespannt, mit welchen uns noch unbekannten Anforderungen unsere Kunden auf uns zukommen.

Zum Netzwerken:
Afotek GmbH, Bad Hersfeld, Werner Sinning, Tel. +49 6621 5076-0, info@afotek.de, www.afotek.de
Dürr Systems AG, Bietigheim-Bissingen, Dr. Lars Friedrich, Tel. +49 7142 78-2157, lars.friedrich@durr.com, www.durr.com
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
Haug Chemie GmbH, Sinsheim, Dr. Andreas Stumpe, Tel. +49 7261 401-125, stumpe@haugchemie.de, www.haugchemie.de
Qualitätsgemeinschaft Industriebeschichtung e.V., Schwäbisch Gmünd, Lars Walther, Tel. +49 7171 10408-37, info@qib-online.com, www.qib-online.de
SLF Oberflächentechnik GmbH, Emsdetten, Jan den Hartog, Tel. +49 2572 1537-132, J.denHartog@slf.eu, www.slf.eu
VOA Verband für die Oberflächenveredelung von Aluminium e.V., München, Dr. Alexa A. Becker, Tel. +49 89 55178670, info@voa.de, www.voa.de

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