Rückblick und Ausblick

In diesem Jahr blickt das Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM) auf 50 Jahre erfolgreiche Forschung zurück. Anlässlich des Jubiläums sprach BESSER LACKIEREN mit Dr. Steffen Dieckhoff, Abteilungsleiter Adhäsions- und Grenzflächenforschung und Sprecher des Bereiches Oberflächentechnik, und Dr. Volkmar Stenzel, Leiter der Abteilung Lacktechnik.

Dr. Volkmar Stenzel -

Bei der Gründung des IFAM ging es in erster Linie um metallische Werkstoffe und Fragen der Schweißtechnik. Wie kam die Oberflächentechnik dazu und welche Entwicklung nahm der Bereich?

Dr. Stefan Dieckhoff: Bereits damals gab es eine kleinere Arbeitsgruppe, die sich mit Klebtechnik und und zugehörigen Aspekten der Oberflächenbehandlung befasste. Das war die Keimzelle des Institutsbereichs „Klebtechnik und Oberflächen“. In den 1980er-Jahren kam die Oberflächenanalytik hinzu, weil man verstehen wollte, wie Klebung und Haftung funktionieren und man dafür Informationen über die Oberfläche selbst benötigte. In den 1990er-Jahren entwickelten sich die Bereiche Plasmatechnologie und Lacktechnik und Anfang der 2000er-Jahre haben wir das Thema Korrosionsschutz mit aufgenommen. Hinzu kam die Entwicklung neuer Vorbehandlungsmethoden und Lacksysteme. Seit dem Jahr 2005 befassen wir uns auch mit der Qualitätssicherung von Oberflächeneigenschaften und haben die fertigungsbegleitende Qualitätssicherung zur Sicherung der Prozesskette eingeführt. So haben wir für den Bereich Lacksysteme z.B. eine Methode entwickelt, mit der man die Oberflächen von Bauteilen hinsichtlich ihrer Benetzbarkeit prüfen kann. Damit lassen sich u.a. Fehler in der Vorbehandlung oder Restverschmutzungen, die zu Fehlern in der lackierten Oberfläche führen könnten, ausschließen.

In welchen Bereichen ist die Abteilung Lacktechnik heute tätig?

Dr. Volkmar Stenzel: Zu den Kernkompetenzen gehört die Lackierung von Flugzeugen, Windenergieanlagen und weiteren Großstrukturen. In den letzten Jahren haben wir unsere Aktivitäten im maritimen Bereich verstärkt. Um Lösungen zu entwickeln, ha­ben wir u.a. Meeresbiologen
eingestellt und in Technik investiert. Wir forschen auf Helgoland und auf Sylt im Bereich Korrosionsschutz und Antifouling.

Dr. Stefan Dieckhoff: Zu den Stärken des IFAM zählt die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. So haben wir mit unserem strategischen Partner Airbus neue, chromatfreie Vorbehandlungsprozesse entwickelt. Die Besonderheit war bei diesem Prozess, den gesamten Aufbau im Blick zu haben – also vom Grundwerkstoff über die Vorbehandlung bis hin zur Klebung und/oder Lackierung.

Dr. Stefan Dieckhoff, Abteilungsleiter Adhäsions- und Grenzflächenforschung

Dr. Stefan Dieckhoff, Abteilungsleiter Adhäsions- und Grenzflächenforschung

Welches sind die aktuellen Schwerpunkte?

Dr. Volkmar Stenzel: Oh, da gibt es viele. Seit 15 Jahren befassen wir uns mit strömungsgünstigen Oberflächen. Früher lag der Fokus auf dem Flugzeugbau, heute nutzen wir die Ergebnisse für andere Industriezweige. Ganz aktuell ist die Beschichtung von Windenergieanlagen. Hier geht es beispielsweise um Anti-Eis-Oberflächen. Das Eis verändert Statik und Aerodynamik der Anlage. Bei den neuen Lacken kann es sich um passive Systeme handeln, die die Haftung verhindern, oder um aktive Lacke, mit denen man beispielsweise Wärme erzeugen kann, um das Eis zu entfernen. Für die Forschung haben wir hier einen Eiswindkanal gebaut, der in seiner Form in Deutschland einzigartig ist.

Dr. Stefan Dieckhoff: Ein weiterer Schwerpunkt ist die Qualitätssicherung in Richtung Industrie 4.0 – Digitalisierung und Automatisierung. Da arbeiten wir abteilungsübergreifend zusammen, um auch die Prozesskette von der Bauteilvorbereitung bis hin zum Kleben und Lackieren mit den entsprechenden Qualitätssicherungsmethoden stabil und zuverlässig abzusichern.

Dr. Volkmar Stenzel: Außerdem planen wir aktuell ein Demo-Zentrum Oberflächentechnik für große Bauteile mit den Abmessungen von etwa 6 x 5 m. Über eine Roboterzelle wollen wir Teile von Flugzeugen, für Windenergieanlagen, für Schienenfahrzeuge und von Schiffen mit einem Roboter behandeln können. Geplant ist, Vorbehandlungsverfahren dort automatisiert zu nutzen, automatisch zu beschichten und die Prozesse inklusive einer fertigungsintegrierten Qualitätssicherung zu optimieren. Ziel ist, dass wir im Laufe des nächsten Jahres mit der Anlage starten können. Zusammen mit dem bereits vorhandenen Zentrum für Plasmatechnik, dem Eiskanal und den weiteren Ausstattungen wird unser Angebot hier einzigartig sein.

Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen, Dr. Stefan Dieckhoff, Tel. + 49 421 2246-469, stefan.dieckhoff@ifam.fraunhofer.de, Dr. Volkmar Stenzel, Tel. + 49 421 2246-407, volkmar.stenzel@ifam.fraunhofer.de, www.ifam.fraunhofer.de

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