Lackierprozesse simulieren
Neben der numerischen Simulation bei der Applikation, dem Lackfilmverlauf sowie bei Trocknungsprozessen, lassen sich in der allgemeinen Produktionstechnik folgende Anwendungen unterscheiden:
- Im Rahmen von Fabrikplanungen können Planungsergebnisse validiert, Funktionalitäten getestet sowie Investitionsentscheidungen abgesichert werden.
- Bei der Fertigungssteuerung werden im Rahmen von Planspielen Alternativen durchgespielt, um Kapazitätsauslastung und Termineinhaltung zu verbessern.
Zum Einblick in die Möglichkeiten der Simulation sowie um einen prägnanten Erklärungsansatz in das Themenfeld zu ermöglichen, sei ein Verweis auf die VDI-Richtlinie 3633 gestattet. Eine verbindliche Definition ist hier folgendermaßen abgefasst: „Simulation ist die Nachbildung eines Systems mit seinen dynamischen Prozessen in einem Modell, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die auf die Wirklichkeit übertragbar sind.“
Zielsetzung definieren
Es ist zu beachten, dass eingangs eine genaue Zielsetzung von elementarer Bedeutung ist, denn erst wenn feststeht, welche Kenngrößen zur Beurteilung von Szenarien geeignet sind, welche grundsätzlichen Szenarien bedacht werden sollen und welche Randbedingungen zu beachten sind, kann das Modell definiert werden. Die Mehrzahl der Simulationseinsätze in Produktion und Logistik basiert auf ereignisorientierter Simulation. Dies bedeutet, dass jedes einzelne Ereignis in dem simulierten System registriert wird, statistisch ausgewertet werden kann und zeitliche Vorgänge beeinflussen kann. Es wird deutlich, dass bei der Betrachtung der Ergebnisse eine Bewertung aus folgenden aufgelisteten Gründen wichtig ist:
- Eingangsdaten, wie z.B. das Störungsverhalten von Maschinen und Anlagen, sind oft nicht hinreichend präzise bestimmbar
- wenn die Fragestellung die Auswertung großer Zeiträume (z.B. ein Jahr) verlangt, ist die Detaillierung des Modells zu verringern, um akzeptable Antwortzeiten zu erhalten
- Unsicherheiten in den Randbedingungen, wie beispielsweise im zukünftigen Produktspektrum, sind nicht beliebig genau vorhersehbar.
Beim Experimentieren geht es um zielgerichtetes Ausprobieren, sodass (im Gegensatz zu mathematischen Ansätzen) kein Optimum erzielt werden kann. Eine Simulation hilft dennoch dem Anwender, ein Szenario qualifiziert beurteilen zu können. Bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Realität ist zudem hinsichtlich der bei der Abstraktion gewählten Randbedingungen zu beachten, dass die ermittelten Kenngrößen der Simulation bei hinreichend präzisen Eingangsgrößen direkt verwendbar sind. Im Unterschied dazu kann die Simulation bei unsicheren oder schlecht prognostizierbaren Randbedingungen zum Vergleich von Varianten herangezogen werden. Bei unsicheren Randbedingungen erlaubt die Simulation zudem eine Sensitivitätsanalyse. D.h., es kann festgestellt werden, wie empfindlich ein geplantes System auf Abweichungen von den Erwartungen reagiert.
Praxisbeispiel
Anhand eines lackiertechnischen Praxisbeispiels, hier ein Hydraulikzylinder, soll gezeigt werden, wie die Simulation bei der Bewältigung eines Kapazitätsproblems einsetzbar ist. Die relevanten Eingangsvariablen sowie die zu variierenden Parameter sind im obenstehenden Kasten zusammengestellt. Die durch die Simulation ermittelte Produktionsleistung ergab relativ zum Ausgangszustand folgende Steigerungsraten:
- Reihenfolgeoptimierung im Lackierbereich: + 10%
- Reduzierung der Trocknungszeiten: + 15%
- Idealisierung: störungsfreier Betrieb: + 20%
Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Simulation mithilfe der Auswertesoftware grafisch angezeigt, so dass sich z.B. auch Auslastungen der einzelnen Prozessschritte detailliert visualisieren lassen. Bild 1 zeigt die Anlagenzustände der Einzelprozesse in einem alternativen Simulationsbeispiel.
Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart,
Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de,
Dirk Michels, Tel. +49 711 970-3733, dirk.michels@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
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