In die Zukunft investieren: Jugendliche begeistern
Wichtig ist dabei, ihnen aufzuzeigen, dass sie auf die dreijährige Ausbildung unter anderem mit einer Weiterbildung zum Staatlich geprüften Farb- und Lacktechniker oder einem Studium aufbauen können. „Für junge Frauen ist der Beruf interessant, weil er die Grundlage für andere Bereiche wie z.B. die Qualitätssicherung und die Arbeit im Labor bildet“, berichtet Bix weiter. „Verfahrensmechaniker für Beschichtungstechnik sind gesucht, weil sie gut ausgebildet sind. Sie wissen, was sie machen, wie man Anlagen führt, sie einstellt und wartet“, erklärt Markus Single. „Das Problem besteht darin, wie die Betriebe zu ihren Azubis kommen.“ Und genau das ist bei Lohnbeschichtern wesentlich stärker ausgeprägt als bei Inhousebeschichtern. Letztere bieten Interessenten häufig das Renommee eines international agierenden Unternehmens mit guten sozialen Leistungen und einem tariflich abgesicherten Einkommen. Doch auch Lohnbeschichter haben Asse, die sie aus dem Ärmel ziehen sollten: Sie bieten Arbeitsplätze in inhabergeführten – oft sogar familiär strukturierten – Betrieben und haben für VMBT sehr abwechslungsreiche Arbeitsplätze mit weitreichenden Kompetenzen und Verantwortungsbereichen. Und die beruflichen Aussichten sind auch bei ihnen hervorragend, denn die Mehrzahl der befragten Lohnbeschichter übernimmt ihre Azubis und kann so mit bewährten Mitarbeitern dem Fachpersonalmangel begegnen.
Voraussetzungen schaffen
Fabrice Kornberger führt eine Titration durch, um die Konzentration eines Reinigungsmittels aus der Vorbehandlung zu ermitteln.
Doch bevor die Unternehmen die Werbetrommel für die Azubi-Gewinnung rühren, müssen sie betriebsintern die Grundlagen für die Ausbildung schaffen. Der Ebbinghaus Verbund beispielsweise hat sich dazu mit einem externen Dienstleister in Verbindung gesetzt. Dieser prüft, ob und welche Ausbildungsqualifikationen an den drei Standorten des Unternehmens bestehen und welche noch geschaffen werden müssen. Ansprechpartner gibt es zudem bei den Industrie- und Handelskammern (IHK). So informieren die Ausbilderberater über die Komponenten, die die Berufsausbildung vorschreibt. Außerdem kontrollieren sie, welche Anforderungen der Betrieb zur Ausbildung noch erfüllen muss. Über die IHKs erhalten Betriebe in der Regel auch Unterlagen wie den Rahmenplan und Ausbildungsplan. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Berufsbild des VMBT nicht bei allen IHKs bekannt ist. Wenn industrielle Lackierbetriebe ausbilden wollen, sollten sie daher unbedingt darauf achten, dass sie nicht mit dem Malerhandwerk oder dem Fahrzeuglackierer in einen Topf geworfen werden. Die Vogt Lackiertechnik GmbH bildet aktuell Fahrzeuglackierer aus. „Das ist in der Historie unseres Unternehmens begründet“, erklärt Markus Vogt. „Angesichts des Fachpersonalmangels wollen wir den VMBT ausbilden, können den Azubis jedoch nur die Ausbildung in der manuellen Beschichtung/Lackierung anbieten. Aus diesem Grund überlegen wir mit einem anderen Unternehmen im Rotationsverfahren auszubilden, um dadurch auch die Arbeiten an automatisierten Anlagen abzudecken.“ Eine Herausforderung stellt jedoch der Besuch der Berufsschule dar, denn diese liegt in rund 200 km Entfernung. Ein weiteres Problem, vor dem viele Lohnbeschichter stehen. Hier kann der direkte Kontakt mit den Berufsschulen weiterhelfen. Sie bieten den theoretischen Teil der Ausbildung häufig an ein oder zwei Schultagen pro Woche an. Bei der GDS1 haben sich Schule und Unternehmen auf zwei Wochen betriebliche und eine Woche schulische Ausbildung geeinigt. ND Coatings GmbH zählt zu den Betrieben, die neben dem VMBT auch die Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer anbieten. Diese Anforderungen an dieses Berufsbild kommt insbesondere den Jugendlichen entgegen, die lieber praktisch arbeiten wollen und denen die Ausbildung zum VMBT zu theorielastig ist (siehe BESSER LACKIEREN, 4/2019, S. 2).
Azubi-Werbung
Gesprächspartner |
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Die Wege, die die Lohnbeschichter zur Azubi-Werbung beschreiten, sind – wie das Berufsbild – sehr vielseitig. Für Markus Single haben sich drei Möglichkeiten herauskristallisiert: auf die Haupt- und Realschulen zugehen und dabei auch schon die Schüler in den achten und neunten Klassen ansprechen, regionale Kooperationen mit anderen Betrieben eingehen und mit den IHKs Kontakt aufnehmen, ob diese Ausbildungsmessen anbieten und dann dort ausstellen. Das MEMA-Netzwerk der Emsland GmbH (www.mema-netzwerk.de) ist so eine regionale Kooperation. „Es unterstützt und trägt außerdem dazu bei, dass wir genügend Auszubildende für die Berufsschulen gewinnen können“, erklärt Ralf Saatkamp. Der Lohnbeschichter ist aktuell dabei, die Voraussetzungen für die Ausbildung zum VMBT zu schaffen. Das Netzwerk hat vor einigen Jahren zusammen mit einer Werbeagentur, ausbildenden Betrieben, der Berufsschule und den Berufsberatern der Arbeitsagentur einen Maßnahmenkatalog für die Azubi-Werbung erarbeitet – erfolgreich. Zu den Aktionen zählen u.a. eine Homepage (www.werde-beschichtungsprofi.de), die Nutzung von Facebook, ein Imagefilm und Werbemittel wie spezielle Flyer für die Besuche in den Schulen. „Aktuell ist die Zahl der Azubis rückläufig. Deshalb werden wir die Homepage überarbeiten und uns neue Kanäle erschließen“, erzählt Ansgar Kleymann. „Wir müssen dort werben, wo die jungen Leute sind. Und die sind nicht mehr bei Facebook, sondern eher bei Instagram.“
Geflüchtete als Azubis
Informationen online |
Berufe im Überblick Azubis gewinnen |
Jürgen Rudeck hat sich der Unternehmer-Initiative „Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit“ angeschlossen (www.unternehmer-initiative.com). „Ich habe Azubis aus Afghanistan, Syrien und Gambia, die nach der Ausbildung zum VBMT hier arbeiten wollen. Ob sie das können, ist aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen ungewiss“, begründet er diesen Schritt. Mit der Initiative setzen sich die Mitglieder dafür ein, dass die bei ihnen angestellten Geflüchteten eine berufliche Perspektive erhalten. Ein weiterer Aspekt ist die Qualität der Ausbildungsplätze, wie sich bei der Wessendorf Systembeschichtungen GmbH zeigt. Der Lohnbeschichter hat im letzten Jahr eine neue vollautomatische Kunststoffbeschichtungsanlage für kleine und mittlere Serien in Betrieb genommen und ist damit als ausbildendes Unternehmen interessanter geworden. „Wir bieten einen modernen Ausbildungsplatz und werden zum 1. August 2019 voraussichtlich zwei Azubis für das Berufsbild VMBT einstellen“, berichtet Franz Wessendorf. Welche Wege beschreitet er für die Azubi-Werbung? „Wir nehmen an Jobmessen teil, sprechen Schulen an und suchen auch über die Agentur für Arbeit.“ Matthias Bader sucht und findet Azubis ebenso über die Agentur für Arbeit sowie über Mund-zu-Mund-Propaganda. Außerdem: „Mit Blick auf die digitalen Medien eignet sich auch die eigene Homepage dafür, junge Menschen für das Berufsbild zu begeistern“, empfiehlt er. Um das Berufsbild zu stärken, hat der Lohnbeschichter zusammen mit der Qualitätsgemeinschaft Industriebeschichtung e.V. (QIB) den „Jeder-braucht-Pulver-Award“ initiiert. Er richtet sich an Berufsabsolventen des VMBT mit dem Schwerpunkt Pulverbeschichtung (www.qib-online.de). So ärgerlich der Mangel an Fachpersonal für die Betriebe auch ist. Für diejenigen, die die Ausbildung zum VMBT erfolgreich abschließen, bieten sich großartige Berufsaussichten. Sie sind gesucht und werden vermutlich bald genauso viel verdienen wie Akademiker. Vielleicht sogar mehr. Das ist ein weiteres Ass, das industrielle Lackierbetriebe aus dem Ärmel ziehen können.
Zum Netzwerken:
BESSER LACKIEREN, Hannover, Jola Horschig, Tel. +49 511 9910-322, jola.horschig@vincentz.net, www.besserlackieren.de
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