Schienfahrzeug-Langzeitversuche
Schienenfahrzeuge sind im Alltag extremen Belastungen ausgesetzt. Herausforderungen sind unter anderem Graffitientfernungen, der häufige Durchgang durch Waschanlagen, abrasive Vorgänge bei der Fahrt, Steinschlag mit einem durch die Fahrtgeschwindigkeit hohen Impuls und nicht zuletzt extreme Temperaturschwankungen von -20 °C bis 65 °C, denen die „Außenhäute“ der Fahrzeuge ausgesetzt sind. Es ist kaum verwunderlich, dass Lackierungen bei derart drastischen Einflüssen Alterungserscheinungen aufweisen. „Nach fünf bis sechs Jahren waren teils unansehnliche, schwammartige Verschmutzungen der Beschichtungen sichtbar,“ sagt Christian Hocke, Leiter Instandhaltung Nordost bei der SB Regio AG. „Auch eine Art Schuppenbildung trat teilweise auf.“
Gut funktionierendes Netzwerk
Um ein breites Feld der Beschichtungen abzudecken, wurden verschiedene Lackanbieter eingeladen, ihre Beschichtungsstoffe dem Langzeitversuch zu stellen. Acht Unternehmen nehmen derzeit an den aufwändigen Versuchsreihen teil. „Die Lackhersteller liefern uns nicht nur das Beschichtungsmaterial, sie sind auch selbst bei der Beschichtung vor Ort, um eine optimale Applikation sicherzustellen und um Proben zu analysieren, sie sind quasi dauerhaft vor Ort“, sagt Hocke. Und das ist noch nicht alles: Die Unternehmen beteiligen sich auch finanziell an den Testreihen. Allein die Beschichtung eines einzelnen Fahrzeugs kommt dabei auf 15.000 Euro. „Es ist wirklich klasse, wenn das Netzwerken so gut funktioniert“, meint Hocke. „Letzten Endes haben wir ja alle etwas davon: Wir wissen, welche Lacke für uns funktionieren, und der Lackhersteller kann eine Bahnzulassung bekommen.“ Und nicht nur hier gelingt das Netzwerken. „Unsere Kollegen in Wittenberge applizieren die Lacke auf unsere Fahrzeuge. Dabei arbeiten sie hochflexibel von der Lagerung bis zur Trocknung. Jeder Lack wird genauso aufgetragen, wie der Lackhersteller vorgibt. Das ist gerade im Alltagsgeschäft nicht einfach. Dass es trotzdem möglich ist, hilft uns wirklich sehr“, so Hocke.
Die fertigen Beschichtungen werden in regelmäßigen Abständen beispielsweise hinsichtlich des Glanzgrades und der Schichtdicke untersucht. Das gesamte Prüfungsportfolio basiert auf den Vorgaben der QIB-Qualitätskontrolle. Welche Punkte stehen bei den Untersuchungen besonders im Mittelpunkt? Die Graffitientfernung nimmt nach wie vor einen zentralen Stellenwert ein. Häufig wird den Verschmutzungen nach dem Motto „viel hilft viel“ zu Leibe gerückt. Dies geht allerdings nicht nur zu Lasten der unerwünschten, sondern auch zu der erwünschten Farbschicht. Resistenz gegen die wirksamen Reinigungsmedien ist somit gefragt. „Im Vergleich zu einigen früher verwendeten Lacken hat es in den letzten Jahren eine Verbesserung um bis zu 1000% gegeben“, freut sich Hocke. Ein weiterer Interessenspunkt ist die Problematik des Wasserlackeinsatzes. Die geringere Menge an verwendeten Lösemitteln verringert die Umweltbelastung – allerdings ist die Verwendung von Wasserlacken diffiziler und nicht selten mit Lackfehlstellen wie z.B. Kochern verbunden. In der Langzeitstudie kommen als Alternativen beispielsweise High Solid Lacke zum Einsatz.
Im Hinblick auf die Trocknung beschreitet die deutsche Bahn neue Wege. „Wir wollen in den Testreihen ebenfalls UV-Lacke applizieren – und natürlich trocknen. Auch hier waren die Kollegen in Wittenberge extrem entgegenkommend, obwohl dieser Test mit einigem Aufwand verbunden ist. Sollte das klappen, dann wäre es möglich die Trocknungszeit deutlich zu reduzieren.“ Zudem kommen Spezialeffekte bei den Prüfungen nicht zu kurz. Spannend ist zum Beispiel der Einsatz von Cool Painting – der den Einfluss der Sonneneinstrahlung auf das Erwärmen im Fahrzeuginneren verkleinern soll. Die letzten Beschichtungen sollen 2019 abgeschlossen sein, erste Ergebnisse liegen zum Teil schon vor.
Zum Netzwerken:
DB Regio AG, Potsdam, Christian Hocke, Tel. +49 331 235-6704, christian.hocke@deutschebahn.com, www.db-regio.de
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