Holzbeschichtung

Der Beweisbeschluss des Amtsgerichts war verständlich formuliert: "An den Türen, Fenstern … befinden sich folgende Mängel … im Bereich der Falze bzw. der Auflage der Fensterläden auf den Fensterrahmen liegen Verklebungen/Verblockungen der Farbbeschichtung zum Teil mit Farb­abrissen vor … an den Türen und Fenstern ist von außen weiße Farbe aus dem Innenbereich zu sehen" (Bild 1). Es handelte sich hier um Holzfenster und Türen eines Altbaus, die überarbeitet und neu lackiert worden waren.

Das Schadensbild zeigt Farbabrisse. Foto: DFO
Das Schadensbild zeigt Farbabrisse. Foto: DFO -

Das sah auf den ersten Blick nach zwei Klassikern aus: Schlechte Vorbehandlung und zu hohe Schichtdicken. Aus der Gerichtsakte war erkennbar, dass der Hersteller des Lacks mit dem Tischler umfangreiche Versuche mit unterschiedlichen Lacken durchgeführt hatte. Das Fehlerbild konnte damit aber nicht beseitigt werden. Ein Vorbehandlungsfehler konnte weitgehend ausgeschlossen werden, da nur die Bereiche betroffen waren, an denen Bauteile aufeinandergepresst wurden.

Test der Blockfestigkeit

Auch die Trocknungsbedingungen waren nicht zu beanstanden. Um dem Fehler auf die Spur zu kommen, ging es darum, die Blockfestigkeit zu testen. Diese Eigenschaft ist dann erreicht, wenn zwei lackierte Oberflächen über einen bestimmten Zeitraum (z.B. 24 h) bei bestimmtem Druck (10.000 bzw. 28.000 Pascal) aufeinanderliegen und danach nicht mehr miteinander verkleben. Diese Prüfung wird bei zwei unterschiedlichen Drücken durchgeführt. In diesem Fall gab es keine bis geringfügige Veränderung und war damit i.O. Im technischen Datenblatt des Lacks gab es jedoch einen Hinweis, dass es, wenn dieser Anpressdruck überschritten wird, dennoch zu Verblockungen bzw. Verklebungen kommen kann. Dies wurde im Labor überprüft, in dem man die Blockfestigkeit mit einem höheren Druck überprüft hat und das Fehlerbild nachstellen konnte. Was aber war die Ursache für den höheren Anpressdruck? Bei Überprüfung der Fenster in Einbaulage zeigte sich, dass sich die Fenster verzogen hatten. Dies ist jedoch vor der Neubeschichtung nicht aufgefallen. In den Verzugsbereichen war der Anpressdruck dadurch deutlich höher als erlaubt. In einem anderen Fall hörte sich der Beweisbeschluss des Landgerichtes zunächst sehr einfach an: „… soll weiter Beweis erhoben werden über die Behauptung der Beklagten, der zunächst aufgebrachte Fußbodenlack entspreche nicht dem zweiten Lack …“

Lösemittel in der Grundierung

Die beiden Kurven der IR-Spektroskopie dokumentieren die Spektren der Proben (Erstbeschichtung: blau, Zweitbeschichtung: rot).

Die beiden Kurven der IR-Spektroskopie dokumentieren die Spektren der Proben (Erstbeschichtung: blau, Zweitbeschichtung: rot).

In der Klage ging es um eine nicht bezahlte Rechnung für eine Neubeschichtung des Holzfußbodens der Beklagten. Diese hatte bei der Erstbeschichtung über Kopfschmerzen geklagt, die nach der Zweitbeschichtung nicht mehr vorhanden waren. Somit ging sie davon aus, dass die Erstbeschichtung mit einem falschen ungeeigneten Lack durchgeführt worden war. So eine Fragestellung lässt sich mit der IR-Spektroskopie sehr schnell beantworten. Beim Ortstermin zeigte sich, dass die Probenahme nicht einfach sein würde. Die erste Probe ließ sich relativ leicht entnehmen. Der „zunächst aufgebrachte Fußbodenlack“ befand sich jedoch unter einem Einbauschrank. Die einzige Möglichkeit die Probe zu entnehmen, war ein Loch in die Bodenplatte des Schranks zu sägen. Eine Stichsäge gehört jedoch nicht zu dem normalen Werkzeug eines Sachverständigen für Beschichtungen. Die Beklagte bot daher an, ihren Nachbarn mit der Erstellung eines Lochs in der Bodenplatte zu beauftragen. Parallel machte sie den Vorschlag, dass sie das Ganze auch auspendeln könne. Dann müsste kein Loch in den Schrankboden geschnitten werden. Der Sachverständige verließ sich dann doch lieber auf die IR-Spektros­kopie, da er das Auspendeln nicht auswerten konnte. Die Ergebnisse der IR-Spektroskopie (Bild 2) waren dann doch recht eindeutig. Die entnommenen Proben waren identisch. Insofern lagen keine Unterschiede vor. Die Kopfschmerzen der Beklagten konnten auf die Lösemittel der Grundierung zurückgeführt werden, deren Einsatz die Beklagte jedoch genehmigt hatte. Hierbei handelt es sich um terpenhaltige Lösemittel, die zwar grundsätzlich ein Naturprodukt aber damit nicht automatisch unschädlich sind.

Zum Netzwerken:
Deutsche Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung (DFO) e.V., Neuss, Ernst-Hermann Timmermann, Tel. +49 2131 40811-22, timmermann@dfo-online.de, www.dfo-online.de

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