So viel wie nötig – so wenig wie möglich

Mit dem Einsatz von Infrarottrocknung verkürzt ein Flugzeughersteller die Trocknungszeit der Beschichtung von Flugzeuglandeklappen auf ein Sechstel der vorherigen Einbrenndauer.  Die dafür installierte Kabine misst beeindruckende 12 x 5 x 2 m (L x H x B).

Die Strahler eines Infrarottrockners sind innerhalb weniger Sekunden betriebsbereit. Foto: IWT GmbH
Die Strahler eines Infrarottrockners sind innerhalb weniger Sekunden betriebsbereit. Foto: IWT GmbH -

„Die Anlage wurde zur Trocknung von drei Aufträgen entwickelt, die zur Applikation des Grundlacks, des Decklacks und des Reibschutzlacks hintereinander im Kreis gefahren werden“, sagt Stefan Wollenweber von der IWT Infrarot-Wärmetechnik GmbH im hessischen Limeshain. „Zuvor bestand an dieser Stelle der Fertigung stets ein Engpass, da der Trocknungsschritt etwa 60 min beanspruchte. Die Trocknungszeit sollte mithilfe des IR-Trockners drastisch verkürzt werden. Das haben wir umgesetzt.“ Heute beträgt die durchschnittliche Trocknungszeit nur noch zehn Minuten. Grundlage für die deutlich geringere Trocknungszeit ist, dass bei der In­­frarottrocknung nur die Bauteil­oberfläche erhitzt wird, nicht aber das restliche Volumen der Bauteile. Folglich verringern sich nicht nur die Trocknungszeit, sondern auch die Aufheiz- und Kühlphase enorm. In der aktuellen Anwendung werden unterschiedliche Landeklappengeometrien von bis zu 12 x 3 x 0,25 m vollautomatisch in die etwa 1,5 m breite Strahlerkabine eingefahren. In den parallelen Strahlerwänden befinden sich 112 einzeln geregelte Zonen mit 420 kW installierter Leistung. Die Temperatur ist in jeder Zone einzeln regelbar. Nach zwei Minuten ist die Solltemperatur von 80 °C auf der lackierten Oberfläche erreicht. Um diese über die nötigen acht Minuten Trocknungszeit zu halten, reduziert das System die Anfangsleistung automatisch um 88-90%. „Viele sehen zunächst die Anschlussleistung und schließen daraus gleich auf hohe Energiekosten. Diese Leistung wird jedoch nur für kurze Zeit zum Erzielen der Solltemperatur benötigt“ sagt Wollenweber. Zudem sind nur bei der größten Landeklappe alle Strahler im Einsatz. Bei kleineren Landeklappen sind entsprechend weniger Strahlergruppen aktiviert und somit ist weniger Energie für die Trocknung nötig Diese Modularität bietet im Vergleich zur Umlufttrocknung weiteres Einsparpotential.

Funktionsweise und Betrieb

Eigenschaften der IR-Trocknung

Vorteile:

  • Verkürzung der benötigten Trocknungszeit
  • Senkung der Energie­kosten bei großen und schweren Bauteilen
  • Schont hitzeempfindliche Bauteile
  • Teiltrocknung möglich, z.B. zum Fehlstellenausgleich

Nachteile:

  • Keine gleichmäßige Bestrahlung bei komplexen Geometrien und Verschattungen möglich
  • Ungeeignet für sehr unterschiedliche Größen und Formen in einer Trocknungsanlage
  • Temperaturhalte-phase ist schwieriger zu regeln als im Konvektionstrockner
  • Vergleichsweise hohe Investitionskosten

Die Anlage ist programmgesteuert und wird über eine Visualisierung bedient. Wird eine neue Bauteilgeometrie in die Fertigung aufgenommen, können die Einstellungen hier direkt eingegeben werden. Dieser Vorgang einschließlich Testmessungen nimmt üblicherweise nicht mehr alseinen Tag in Anspruch. Sowohl für Neueinstellungen als auch für den normalen Betrieb der Anlage bedarf es keiner besonderen Schulung der Mitarbeiter. Aber nicht nur die Geome­trie, auch die Lackfarbe spielt bei der Infrarottrocknung eine wichtige Rolle. Deren unterschiedliches Reflexionsverhalten wird im Programm über Offset-Faktoren berücksichtigt. Helle Lacke benötigen etwa 5 – 10% mehr Leistung als dunkle Lacke, da sie die Strahlung weniger gut absorbieren. Wie viel von der Strahlung letztlich reflektiert beziehungsweise absorbiert wird, hängt auch von der Wellenlänge der eingesetzten Infrarotstrahlung ab. Die Anlage für Flugzeuglandeklappen verfügt über kurzwellige Strahler (1300 – 1100 nm Wellenlänge), mit denen große Abstände zwischen Strahler und Objekt weitgehend verlustfrei übertragen werden. Dies ist nötig, da die beiden Strahlerwände mit 1500 mm relativ weit auseinander liegen, um auch Platz für große Landeklappen zu bieten.

Und die Wartung?

Die Halogenstrahler halten meist länger als die vom Hersteller angegeben 5000 Betriebsstunden bei Voll-Last, denn die Lebensdauer steigt, wenn sie mit geringerer Leistung gefahren werden. Da bei der IR-Trocknung nur ein Bruchteil der Betriebszeit in Vollast läuft, ergibt sich so eine lange Nutzungsdauer. Auch die Temperatursensoren erweisen sich als äußerst robust, so dass der Wartungs- und Reparaturaufwand der Anlage minimal ausfällt. Die Wartung übernimmt die IWT Infrarot Wärmetechnik GmbH.

Große Volumen und Massen

„Infrarot ist immer ein Thema, wenn die Bauteile große Volumen oder Massen besitzen. Hier brauchen konvektive Trockner sehr lange, um auf Solltemperatur zu kommen“, sagt Wollenweber. So erfolgt in der Flugzeugproduktion auch die Lacktrocknung der Seitenflügelverlängerungen mithilfe von Infrarotstrahlung, ebenso wie das Trocknen von Dekorfolien. Besonders in der Teilflächenlackierung erweist sich die IR-Trocknung als praktische Lösung. In der Automobilindustrie etwa wird Infrarotstrahlung zur Trocknung von Reparaturlackstellen eingesetzt, da hier nur die nachlackierte Fläche bestrahlt werden muss.

Zum Netzwerken:
IWT Infrarot Wärmetechnik GmbH, Limeshain, Stefan Wollenweber, Tel. +49 6047 9508-50, stefan.wollenweber@iwt-infrarot.de, www.iwt-infrarot.de

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