Kleben auf Einschicht-KTL
Aufgrund der vorliegenden Bauteildimensionen sehen sich beispielsweise kleine und mittelständische Hersteller von Bau- und Landmaschinenfahrzeugen nicht in der Lage, die Technologie für ihre komplexen Konstruktionen einzusetzen. Notwendig wären hier sehr große Tauchbecken mit hohen Investitions- und Lackkosten, die in einem ungünstigen Verhältnis zum relativ niedrigen Durchsatz stehen würden. In dem aktuellen Forschungsvorhaben soll diesem Problem durch eine Veränderung im Prozessablauf begegnet werden, die eine Reduzierung der Anlagengröße und damit auch der Investitionskosten zur Folge hat. Die zu Grunde liegende Idee ist eine Umkehrung im Herstellprozess. Dabei sollen die Einzelteile einer Baugruppe zuerst elektrotauchlackiert und anschließend gefügt werden. Dadurch wird die Raumanforderung der zu beschichtenden Teile – und somit das nötige Tauchbeckenvolumen – erheblich verringert. Anstelle des üblichen Schweißens sollen die nun in allen – auch kritischen Zonen – optimal beschichteten Teile durch Kleben gefügt werden, um einen durchgehenden Korrosionsschutz zu gewährleisten. Diese Umstellung der Prozesskette ist nicht einfach und erfordert primär, noch vor der konstruktiven Gestaltung der Bauteile, eine Untersuchung der eingesetzten Materialien und Materialkombinationen im Hinblick auf die erreichbaren Verbundeigenschaften. Einflüsse der Beschichtungseigenschaften (z.B. Haft- und Kohäsionsfestigkeit, Abrasionswiderstand, UV- und Medienbeständigkeit, Farbechtheit) und der eingesetzten Klebstoffe (z.B. Elastizität, Festigkeitsanforderungen, Aushärtebedingungen) und deren gegenseitigen Abhängigkeiten werden in dem laufenden Forschungsvorhaben untersucht.
Eigenschaftsanalyse
Grafik 1: Unbelastete Zugscherprobe mit Ritzen
In einem der ersten Arbeitspakete hat das Fraunhofer IPA die Korrosionsschutzeigenschaften von verschiedenen Acrylat-KTL (Modellrezepturen und kommerzielle Produkte) untersucht und mit einem kommerziellen EP-KTL verglichen. Außerdem haben die Experten verschiedene Zinkphosphatierungen (Trikation-Verfahren und nickelfreie Varianten) getestet und keine gravierenden Unterschiede zwischen den Vorbehandlungen erhalten. Die Proben wurden im Kondenswassertest nach DIN EN ISO 6270-1 (Kontinuierliche Kondensation), im Salzsprühtest nach DIN EN ISO 9227 und im Korrosionswechseltest nach VDA 233-102 / VDEh SEP 1850 belastet. Im Kondenswassertest waren alle Proben gut beständig, sogar nach 1000 h Belastung gab es keine Blasen oder andere Oberflächenveränderungen. Ebenso war die Haftfestigkeit, die mit Kreuzschnitt und Klebebandabriss im durchfeuchteten Zustand direkt nach der Entnahme sowie nach 24-stündiger Konditionierung im Klimaraum geprüft wurde, durchgehend gut.
Testergebnisse
Förderung |
Das IGF-Vorhaben 19463N „Kleben auf einschichtig endlackierten UV-stabilen Oberflächen im Rohbau mobiler Arbeitsmaschinen (MonoBond)“ der Forschungsvereinigung „Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V. (FPL)“ wird über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke e.V. (AiF)“ im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Ausführende Forschungseinrichtungen: Fraunhofer IPA, Lackchemische Anwendungstechnik und die Universität Kassel, Fachgebiet Trennende und Fügende Fertigungsverfahren. Das Vorhaben wird von mehreren Lack-, Klebstoff- und Landmaschinenherstellern, Herstellern von Vorbehandlungschemie sowie von Lohnbeschichtern begleitet. |
Die korrosiven Belastungen Salzsprühtest und Korrosionswechseltest zeigten, dass die Korrosionsbeständigkeit der Acrylat-KTL-Beschichtungen den Anforderungen der Korrosivitätskategorie „C4 mittel“ nach ISO 12944 entsprechen. Der Vergleich mit einem EP-KTL ergab bei diesem etwa halb so große Unterwanderungen. Die Beständigkeit des Klebverbunds wurde im Salzsprühtest und im Korrosionswechseltest an Zugscherproben getestet. Dazu wurde jede Probe dreimal bis zum Metall geritzt: einmal nur durch die Beschichtung (Grafik 1 links), einmal durch Lack und eine nur einseitig aufgetragene Klebstoffschicht (Grafik 1 rechts) und direkt am Überlappbereich der Zugscherprobe (Grafik 1 Mitte). Die Auswertung der Proben aus dem Klimawechseltest ergab, dass die Unterwanderung des Klebverbunds nicht nur vom verwendeten Lacksystem, sondern auch vom eingesetzten Klebstoff abhängt. Grafik 2 vergleicht die Unterwanderung nach sechs Wochen Klimawechseltest unter die Beschichtung allein sowie an unter den einseitig auf die Beschichtung aufgetragenen Klebstoff an drei verschiedenen Klebstoffen. Es gibt Klebstoffsysteme, bei denen die Unterwanderung unter dem Klebverbund höher ist als beim Lack allein, d.h. die Klebverbindung schwächt die Korrosionsbeständigkeit. Bei anderen Klebstoffsystemen ist die Korrosionsbeständigkeit der Klebverbindung hingegen höher als beim Lack allein. Bei dem im Vergleich untersuchten EP-KTL ist die Korrosionsbeständigkeit der Klebverbindung höher und nahezu unabhängig vom eingesetzten Klebstoff. Die aktuellen Untersuchungen zeigen, dass es Einflussfaktoren auf die Korrosionsbeständigkeit des Klebverbunds gibt, die von der Barrierewirkung des Klebstoffs gegen Wasserpermeation bis zu Wechselwirkungen des Klebstoffs mit der Beschichtung, insbesondere des nicht gehärteten Klebstoffs, reichen. In weiteren Untersuchungen werden zusätzliche Faktoren auf die Beständigkeit des Klebverbunds untersucht, insbesondere die Diffusion von Wasser und die Wirkung korrosiver Medien. Weitere Arbeiten beschäftigen sich mit Verbesserungsmöglichkeiten der Acrylat-KTL-Rezepturen, z.B. durch Additive oder die Erhöhung des Vernetzungsgrades.
Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart,
Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de
Dr. Rolf Nothhelfer-Richter, Tel. +49 711 970-3841, rolf.nothhelfer-Richter@ipa.fraunhofer.de,
Dr. Ulrich Christ, Tel. +49 711 970-3861, ulrich.christ@ipa.fraunhofer.de,
www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
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