Pulverlacke recyceln
Aufgrund der chemischen Deaktivierung kann erstmals eine Wiederverwertung großer Mengen Altpulverlackreste gewährleistet werden. Die Forscher können diese Reste zu chemisch inerten Kunststoffsträngen verarbeiten und anschließend granulieren. Ergebnis ist ein innovatives Rezyklat, das sich als Füllstoff für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten eignet. Pulverlack, der nach seiner Verarbeitung in der Beschichtungskabine in Filtersystemen landet und nicht mehr verwertet wird, gilt – laut Gesetz – als Abfall. Doch nicht nur Overspray, auch überlagerte Ware, Fehlchargen und Lagerrestbestände zählen zu den Altpulverlackresten, von denen weltweit jährlich 500.000 t anfallen. Die Entsorgung dieser Mengen Altpulverlack erfolgt vorwiegend durch Verbrennung. Für den Pulverlackanwender entstehen hierbei erhebliche Entsorgungskosten von ungefähr 180 Euro pro Tonne.
Neue Methode erforderlich
Die Aufnahme der Probe mit unausgehärteten Altpulverlackresten und 2% Stearinsäure zeigten hingegen eine geschlossene Bruchfläche.
Mit dem Wegfall des §8 Abs. 3 Satz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sind die Unternehmen angehalten, eine stoffliche Wiederverwertung bzw. Recycling gegenüber einer thermischen Verwertung anzustreben. Daher ist eine neue Verarbeitungsmethode erforderlich, die es erlaubt, die Altpulverlackreste zu extrudieren. Bisher kann eine derartige Aufarbeitung von unbehandelten Pulverlackresten aufgrund der Haftungseigenschaften nicht erfolgen, da sich Altpulverlacke nicht wieder über konventionelle Kunststoffverarbeitungsmaschinen wie z.B. Extruder und Spritzgussanlagen plastifizieren lassen. Die bei der Extrusion entstehende Wärme setzt die Aushärtungsreaktion des Pulverlacks in Gang, wodurch er an den Metallteilen der Maschinen haften bleibt und sie beschädigt. Eine Wiederaufbereitung über konventionelle Kunststoffverarbeitungsmaschinen wäre ein erster wichtiger Schritt, neue Möglichkeiten des Pulverlackrecyclings zu erschließen. Das von der TU Berlin entwickelte Verfahren basiert auf der chemischen Deaktivierung des Harz- und Härtersystems. Mittels eines Reaktanden gelang es, die Altpulverlackreste in einen chemisch inerten Zustand zu überführen. Die Metallhaftung in Verarbeitungsmaschinen wird dadurch aufgehoben. Die Auswertungen von Enthaftungsversuchen ergaben, dass mit dem Zusatz von Stearinsäure bei allen untersuchten Pulverlacksystemen ein positives Ergebnis erzielt werden konnte.
Anwendung als Füllstoff
Ergebnisse auf einen Blick |
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Die langkettige Carbon- und Fettsäure bewirkte bereits bei einer Zugabe von 2% bei Raumtemperatur für die meisten Pulverlackreste eine vollständige Inaktivierung. Stearinsäure ist ein fettiger, weißer Feststoff und findet in der Industrie für gewöhnlich Anwendung als Tensid/Netzmittel oder Schmiermittel. Nach den Enthaftungsversuchen konnte nachgewiesen werden, dass eine Anwendung von deaktivierten Altpulverlackresten als Füllstoff in thermoplastischen Kunststoffen möglich ist. Das zum Patent angemeldete Verfahren zur Metallenthaftung von Pulverlackresten stellt die Weichen für eine wirtschaftlich orientierte Kaskadennutzung von Pulverlacken. Das Verfahren ermöglicht die Umwandlung von Pulverlackresten mittels Extruder in ein hochwertiges Kunststoffgranulat ohne Risiko für die kunststoffverarbeitende Maschine und ist damit technisch und wirtschaftlich nutzbringend. Erste Kostenrechnungen ergaben einen Preisvorteil von mit Stearinsäure deaktivierten Altpulverlacken gegenüber konventionell hergestellten Füllstoffen. Derzeit ist die Anwendung des deaktivierten Altpulverlackrezyklats als Füll- oder Ersatzstoff geplant, um die Abfallproblematik beim Einsatz von Pulverlack zu mindern. Auf diese Weise kann den Pulverlack verarbeitenden Unternehmen eine Entsorgungssicherheit geboten werden. Für den Bau von Straßenbelägen ist das Kunststoffgranulat bereits einsetzbar. Aktuell werden weitere vielversprechende Anwendungsgebiete im Sinne kreislaufwirtschaftlicher Anforderungen untersucht.
Zum Netzwerken:
Technische Universität Berlin, Fachgebiet Polymertechnik/Polymerphysik, Berlin, Dr.-Ing. Astrid John-Müller, Tel. +49 30 314-25035, astrid.john-mueller@mailbox.tu-berlin.de, www.ptk.tu-berlin.de
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