Kurz geprüft
Drei Systeme im Test
Nachfolgend wird an drei unterschiedlich konzipierten Korrosionsschutzbeschichtungssystemen gezeigt, wie durch Variation von Labortest-Bedingungen – die allesamt die Beanspruchungsparameter Wasser/Salzlösungs- und Temperatureinwirkung modifizieren – die Schutzwirkungseigenschaftsprofile so aufgeklärt werden können, dass Aussagen über deren Stärken und Schwächen unter spezifischen klimatischen Situationen möglich werden. Wesentliche Merkmale dieser drei Systeme sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Während System A einen klassischen dreischichtigen EP-GB/EP-ZB-/PUR-DB-Aufbau repräsentiert, vereinigt im System C ein barriere- und chemisch hochstabiles Fluoropolymer die Funktion der Zwischen- und Deckbeschichtung. In B wird durch hohe Schichtdicke und Zusatz von Glasflakes der Versuch unternommen, mittels eines Einschicht-Polyestersystems mit hoher Glasübergangstemperatur eine hinreichende Barriere- und Schutzwirkung zu generieren.
Temperaturindizierter Aufbau
Bei den in Tabelle 2 dargestellten Beanspruchungen nimmt die Intensität des temperaturinduzierten Aufbaus von inneren Spannungen in den Beschichtungen in der Reihenfolge der o.g. Auflistung zu. Da der Salzsprühtest (SST) isotherm ausgeführt wird, kann angenommen werden, dass sich hierbei trotz wesentlich längerer Beanspruchungsdauer weniger innere Spannungen aufbauen als bei der kurzperiodischen Thermozyklisierung (TZ).
In Tabelle 3 sind Charakterisierungsergebnisse der drei Proben dargestellt, die bei bzw. unmittelbar nach den drei unterschiedlichen Beanspruchungen erhalten wurden. Dabei wurden die bei der TZ erhaltenen, zyklisierungsdauerabhängigen Beschichtungskapazitätswerte C aus den kontinuierlich eingelesenen Hochfrequenzimpedanzdaten (f = 100 kHz) ermittelt. Während die Amplituden der detektierten Kapazitätsoszillationen als Maß für den thermisch induzierten Wasseraustausch angesehen werden können, stellt der Anstieg der Kapazitätsextrema mit fortschreitender Zyklisierungsdauer ein Maß für den beanspruchungsdauerinduzierten Verlust an Wasseraufnahmereversibilität dar.
Die bei der TEB-Beanspruchung ermittelten Bewertungen für Barriereerhalt, Wasserabweisung und Korrosionsschutz basieren auf der Simulation von Impedanzspektren, die vor und nach der 456-stündigen Zyklisierungsdauer aufgenommen worden waren.
Aus den in Tabelle 3 dargestellten Ergebnissen können folgende Erkenntnisse gewonnen werden:
- Sowohl der beim SST beobachtete Umfang an Blasenbildung als auch das Ausmaß des bei der TZ detektierten Wasseraustauschs nehmen in der Reihenfolge C A B ab. Diese Korrelation ist verständlich, weil Systeme, in denen temperaturinduziert eine kaum gehinderte Wasser- und damit Elektrolytlösungsmigration erfolgen kann, zur Blasenbildung neigen.
- In gleicher Weise kann die Korrelation zwischen dem nach SST gefundenen Umfang an Korrosion und dem Ausmaß des infolge TZ induzierten Verlusts an Reversibilität im Wasseraustausch schlüssig erklärt werden: Ein System, das einmal aufgenommenes Wasser nur noch unvollständig wieder abgibt, neigt zur Korrosion.
- Beschichtung B (maximale Schichtdicke, maximale Tg, Einschichtsystem mit Barrierepigment) liefert die besten Schutzwirkungseigenschaften, solange keine ausgedehnte Temperaturzyklisierung einwirkt. Offenbar wird das Vordringen des Wassers durch die in hoher Schichtdicke vorliegenden Barrierepigmente wirkungsvoll gehemmt; hierzu trägt wahrscheinlich auch der Umstand bei, dass die bei den beiden Beanspruchungen einwirkenden Temperaturen weit unterhalb der Tg der Beschichtung B liegen.
- Wirkt auf die Beschichtung B dagegen eine ausgedehnte Thermozyklisierung ein, so zeigt dieses System herausragend schlechte Barriere- und Korrosionsschutzeigenschaften. Die mit der Thermozyklisierung einhergehende Expansion und Kontraktion der Beschichtungsmatrix führt wahrscheinlich dazu, dass diese – bevorzugt in den Bereichen um die starren, kantigen Glasflakes – verletzt und infolgedessen durchlässig für die einwirkende Elektrolytlösung wird. Hierbei trägt die hohe Tg von B wahrscheinlich noch zu einer Verstärkung der Schädigung bei, weil die sich thermozyklisch aufbauenden, inneren Spannungen bei T Tg kaum über die Bindemittelmatrix relaxieren können.
Aus den dargestellten Befunden wird deutlich, dass ein Beschichtungssystem mit hoher Tg, hoher Schichtdicke und Flake-Barrierepigmenten einen sehr guten Korrosionsschutz aufweisen kann, so lange die Einwirkung von Thermozyklen kein wesentliches Beanspruchungskriterium darstellt. Die Verwendung solcher Systeme an Orten mit starken Temperaturschwankungen ist dagegen nur eingeschränkt empfehlenswert. Generell belegen die dargestellten Ergebnisse, dass es zur vollständigen Bewertung der Schutzwirkungsbeständigkeit von Beschichtungen mittels Kurzzeittests unumgänglich ist, sowohl isotherme als auch thermozyklisch ablaufende Beanspruchungen durchzuführen. Werden die hieraus erhaltenen Ergebnisse einander gegenübergestellt, so ergeben sich oft Ansätze zur auf den Einsatzort maßgeschneiderten Auswahl vorhandener Beschichtungssysteme oder alternativ zu deren zielgenauer Optimierung. Das CORNET-Vorhaben 138 EN der Forschungsvereinigung Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V. aus Stuttgart wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Zum Netzwerken:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de; Dr. Matthias Wanner, Tel. +49 711 970-3852, matthias.wanner@ipa.fraunhofer.de; Dr. Ulrich Christ, Tel. +49 711 970-3861, ulrich.christ@ipa.fraunhofer.de, www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung
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